Geschichten:Vertraute der Krone - Weitere Aufklärung von Nöten

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Gareth, 9. Efferd 1038 BF

Noch am Nachmittag des selben Tages, an dem das Zedernkabinett auf Geheiß des Cantzlers zusammengekommen war, bekam auch der Aufklärungsmeister des Heeres Besuch von einer rothaarigen Botin.

"Den Zwölfen zum Gruße, Wohlgeboren", begrüßte sie Balrik selbstbewußt, als dieser sie im Salon empfing. "Ich habe eine Nachricht vom Cantzler für Euch."

"Achja?", zog Balrik fragend eine Augenbraue hoch und nahm das Schreiben entgegen, das sie ihm reichte. Es war das Siegel des Cantzlers. Er brach es und las. Es war eine Einladung nach Bogenbrück. Dort wollte man ehemalige Vertraute Haffax' ausfragen um an mehr Informationen zu gelangen. Anbei war auch eine Liste von Personen, die dort befragt werden sollen. Balrik ging die Namen durch, doch bei den letzten Namen glaubte er sich verlesen zu haben.

Er sah überrascht auf und fixierte die Botin. "Woher wißt Ihr von diesen Namen?" Denn daß diese Frau keine einfache Botin war, war Balrik bereits anhand ihres Auftretens klar gewesen.

"Das ist irrelevant, Euer Wohlgeboren. Viel wichtiger ist doch zu wissen, was sie uns sagen können. Der Cantzler wünscht jedenfalls ihre Anwesenheit."

"Das wird aber bei letzterem nicht möglich sein. Er ist letzten Ingerimm verstorben."

"Achja? Habt Ihr seine Leiche gesehen?", fragte sie interessiert.

Nein, das hatte er nicht. Er konnte sich tatsächlich nicht absolut sicher sein. "Ich habe mehrere Berichte erhalten, die genau nur diesen Schluß zulassen", antwortete Balrik stattdessen. "Ich habe persönliche Nachforschungen diesbezüglich angestellt. Momentan gibt es keinen Zweifel an seinem Tod." Und er hat ein wichtiges Artefakt in unsere Hände gespielt, dachte er. Aber das mußte sie ja nicht wissen.

"Davon abgesehen", fuhr Balrik fort, "kann ich nicht versprechen, daß ich meine Agenten von den Posten abziehen kann, damit sie befragt werden können." Wenn, dann befrage ich sie selbst. "Sie haben dort vermutlich ein Netz an Zuträger und Informanten aufgebaut, worauf nur sie zugreifen können. Es wäre unklug ihre aufgebauten Netzwerke nicht zu nutzen. Und bisher haben mir meine Agenten immer zuverlässige Berichte gesandt, die bereits zu unserem Vorteil genutzt werden konnten. Aber ich will versuchen, was sich machen läßt. Das verspreche ich."

"Nungut, Wohlgeboren. Der Cantzler ist auf Euren Bericht gespannt."

"Und den wird er auch bekommen", versprach Balrik. Als sich die Botin abwenden wollte, stellte er noch eine Frage: "Wie ist eigentlich Euer Name?"

"Fuxfell." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich.

Balrik selbst stand noch eine Weile im Salon und blickte ihr durch das Fenster nachdenklich hinterher. Schließlich wandte er sich ab und suchte den Kartenraum auf. Dort brütete Toran über diverse Karten und Pläne und machte sich Gedanken zur weiteren magischen Aufklärung. Als er den Aufklärungsmeister bemerkte richtete er sich auf.

"Fortschritte?", fragte Balrik den Magier mit einem Blick auf die Karten. Sie zeigten diverse Gebiete zwischen der Sichel und Eslamsbrück.

"Ähm, ja", meinte Toran. "Allerdings wäre es mit einem Schwarzen Auge leichter. Vielleicht kann man ja den vom Orden des Auges ausleihen?" Der Magier meinte es eher in Gedanken, nicht daß er es wirklich ernst meinte.

"Auf dieses Auge greifen bereits die Weisheiten vom Auge zurück, Toran. Seid versichert; er wird ausreichend genutzt und die Kaiserin wird entsprechend handeln. Wenn ihr kein eigenes Auge aus dem Hut zaubert, werden wir mit den Möglichkeiten arbeiten müssen, die uns zur Verfügung stehen."

"Natürlich, Herr."

"Ich habe einen Auftrag für Euch, Toran", kam nun Balrik auf sein eigentliches Anliegen. "Ihr müßt mit dem nächsten Nachschub nach Warunk reisen. Ich möchte daß ihr Iriana aufsucht; sie sollte sich in oder bei der markgräflichen Residenz befinden." Er sah den Magier eindringlich an. "Ich möchte das nun das folgende unter uns bleibt, Toran."

"Selbstverständlich", nickte der Magier und wurde aufmerksam.

"Findet heraus, ob Iriana uns etwas vorenthält oder wichtige Informationen zurückhält beziehungsweise gefälscht hat. Findet einfach heraus, ob sie noch auf unserer Seite steht." Balrik wußte, daß Toran mit seinen Zaubern in der Lage war die Gedanken seines Gegenübers zu lesen. Eine Eigenschaft, die hier sehr zum Vorteil gereichte.

"Ähm, gibt es Hinweise für einen Verrat?"

"Nein, nicht wirklich", war Balriks Antwort. "Sie ist unser Dreh- und Angelpunkt in den Schattenlanden und da wollen wir lieber auf Nummer sicher gehen. Wenn Ihr einen Verdacht hegt, bringt sie hier her. Wenn das der Fall ist, möchte ich sie noch vor Tsa hier haben. Ansonsten belaßt es dabei und berichtet mir so bald wie möglich.

Da der Weg zwischen der Trollpforte und Warunk nocht nicht sicher ist," - erst vor einigen Monaten war es den Rabenmärkern gelungen, den Wall des Todes einzunehmen, doch Altzoll lag noch immer in der Hand Lucardus von Kemet - "reist Ihr am besten nach Perricum und sucht ein Schiff, das nach Beilunk fährt. Dann könnt ihr unseren Mann dort noch eine Nachricht übergeben, bevor Ihr nach Warunk weiter reist. Ihr bekommt zwei Mann Eskorte mit."

Zweifellos würde diese Fuxfell ihn beobachten lassen. Und sie wird mitbekommen, daß demnächst ein Weißmagier Richtung Warunk aufbricht.

"Achja, Toran. Hier ist noch etwas für Euch, das Ihr gebrauchen könntet." Balrik holte aus der Tasche einen Ring heraus. "Den hat mir Brunnar gegeben. Darauf ist ein Luftelementar gebunden."

Toran bedankte sich und bereitete sich nun auf eine längere Reise vor, doch für Balrik war diese Angelegenheit noch nicht beendet. Er stieg auf ein Pferd und ritt einige Stunden nach Norden zu einem Gut, auf dem einige Kundschafter ausgebildet wurden.

Es war ein recht kleines Gut. Es gab einen Stall, in dem die Pferde untergebracht wurden und ein ehemaliger Schuppen, der umfunktioniert wurde und nun darin die Kundschafter schliefen. Im Hauptgebäude selbst waren die Höherrangigen untergebracht; unter anderem auch Brunnar Hagenfeld, der hier seine Forschungen betrieb, die Elementarmagie für die Kriegsführung und Aufklärung nutzbar zu machen.

Auf diesem Gut angekommen suchte er Belgos auf. Diesen fand er, wie er gerade einigen Soldaten den Umgang mit der Armbrust erklärte. Balrik stieg von seinem Pferd ab und als er näher trat, nahmen die Soldaten, die Belgos soeben unterrichtet hatte, Haltung an.

"Ah, Balrik", sagte Belgos, als er ihn bemerkte. "Was führt Euch denn hier her?"

"Ich muß mit Euch reden, Belgos. Laßt uns einige Schritte gehen."

Belgos wandte sich wieder an die Soldaten. "Nun, ihr solltet in der Lage sein, euch nicht gleich selbst um den Haufen zu schießen. Korporal, übernehmt den Trupp." Mit diesen Worten wandte er sich ab und folgte Balrik. "Um was geht es?", fragte er.

"Ich habe heute Besuch von einer interessanten Frau bekommen."

"Ich hoffe Ihr habt sie hart ran genommen?", versuchte Belgos einen Scherz und grinste.

"Nicht diese Art von Frau, Belgos. Sie war eine Botin vom Cantzler", sagte Balrik nicht unfreundlich. "Sie heißt Fuxfell. Und sie wußte von Iriana und Lechdan."

"Oh."

"Es ist immer noch besser, wenn sie und der Cantzler diese Informationen bekommen konnten und nicht Haffax", meinte Balrik. "Aber, wenn es ihr gelingen konnte, ist es gut möglich, daß es auch Haffax gelingen könnte. Deshalb will ich wissen, woher sie das weiß. Kannst du da Nachforschungen anstellen?"

"Sicher", meinte Belgos und überlegte kurz. "Von unseren Augen-und-Ohren wissen eigentlich nur Ihr, ich und Movert. Und teilweise Euer Sohn und dieser Toran. Mmh, oder einer der Bediensteten hat irgendwas mitbekommen ... Ich werde mich umhören, Balrik."

"Sehr gut. Allerdings schienen ihre Informationen veraltet zu sein. Sie wußte noch nicht, daß Lechdan bereits tot ist."

"Also hat sie die Informationen bekommen, bevor das alles in Perricum geschehen ist", meinte Belgos.

Balrik nickte. "Haltet mich auf den neuesten Stand. Ich werde noch einen kleinen Besuch bei unserem dicken Magier machen. Ich brauche einen neuen Ring." Und er mußte noch einen Brief für den Marschall überbringen lassen. Denn auf der Liste stand auch der Name von Urions Adjutant; denn er sollte erfahren, daß nun auch der Cantzler von ihm wußte - denn ursprünglich wußten von ihm nur er, Urion und Aldron ...