Geschichten:Vom Regen in die Traufe - Teil 3
Burg Trollhammer, 19. Rondra 1029 BF
Ein Bote hatte einen Brief für den Baron zu Hirschfurten gebracht. Der Page Praiodan war in die Schreibstube gekommen und hatte ihn respektvoll an Nimmgalf weitergegeben. Dieser erschrak zunächst, denn er befürchtete eine weitere Gemeinheit Simionas, aber dann sah Nimmgalf, dass der Brief von Ederlinde von Luring kam - und verführerisch duftete. Er schüttelte mit leicht spöttischem Lächeln den Kopf. „Kaum ist man wieder Junggeselle schon flattern einem die Avancen der garetischen Edelfräuleins ins Haus!“ witzelte er. Mit einem knappen Blick bedeutete er Praiodan sich zurückzuziehen. Dieser tat wie ihm geheißen, konnte sich aber dabei ein freches Grinsen nicht verkneifen.
Nimmgalf öffnete den Brief und las die Zeilen:
Grafenburg Luringen, im Rondra 1029
Geschätzter Freund,
Ich möchte Euch hiermit herzlich für eine Weile nach Schloss Luringen einladen, denn es gilt einige wichtige persönliche Dinge zu bereden, die Euren geschätzten Freund und meinen geliebten Vater Danos und auch die Zukunft der Grafschaft betreffen. Sicher habt Ihr auch einige wichtige Belange mit Vater zu bereden, wozu Euch ein Besuch hier auf Luring eine gute Gelegenheit bieten würde. Euch und eurer Gefolgschaft soll es an nichts mangeln so lange Euer Aufenthalt hier währen wird.
Ich erwarte Eure Antwort bis zum letzten Tag dieses Mondes.
In tiefster Verbundenheit,
Ederlinde von Luring, Edle zu Reichsforst
Erneut sog er den betörenden Duft des Briefes ein. Er schmunzelte, denn er konnte sich genau denken, aus welchem Grunde Ederlinde ihn eingeladen hatte. Sie benötigte seine Anwesenheit und seine Fürsprache, um Danos von der Notwendigkeit einer Änderung der Erbfolge der Grafschaft zu überzeugen - ein Thema, über welches sie im vergangenen Jahr bereits ausführlich diskutiert hatten. Auch war ihm noch durchaus im Gedächtnis geblieben, dass Ederlinde einen Traviabund zwischen den beiden alten Häusern Luring und Hirschfurten durchaus in Erwägung zog, was schließlich beiden Parteien einiges an Einfluss einbringen könnte und wohl auch würde.
Der Baron war sich seiner wichtigen Position bei dieser Frage durchaus bewusst, und musste sorgfältig darüber nachdenken, was das Beste für die Zukunft sei, sowohl für seine eigene, als auch für die der Grafschaft. Dabei durfte er sich nicht von vergangenen Gefühlen blenden oder irritieren lassen, sondern möglichst rational die Für- und Wider aller möglichen Entscheidungen abwägen. Dies fiel ihm sehr schwer, da er immer noch sehr starke Gefühle für Junkerin von Gorsingen hegte, die seine Bereitschaft sich erneut zu binden deutlich beeinträchtigten.
Schließlich entschloss er sich doch, die Einladung anzunehmen. Schon in zwei Wochen würde er gen Luring reisen. Möglicherweise könnte er auf dem Wege dorthin noch Aidaloê einen kleinen Besuch abstatten.