Geschichten:Von kaiserlicher Ordnung - Teil 9
„Es überrascht mich zu sehen, dass Ihr Euch ohne einen ganzen Heereszug hierher traut, Baron von Hasalhain“, begrüßte Bernhelm seinen südländischen Gast. Er hatte sich von seiner Krankheit erholt und wirkte nun wieder stark und stolz wie ein Auerochse.
„In Travias Namen heiße ich Euch auf meiner Burg willkommen.“ Wetterfels bedeutete dem Nebachoten sich zu setzen. Der Stuhl war hart und aus altem Holz gefertigt. Simold lehnte den ihm dargebotenen Wein ab und räusperte sich. „Ich dankä Euch dafür, dass Ihr mich empfangen habt.“
Bernhelm lehnte sich zurück und spielte gelangweilt mit dem mächtigen Siegelring an seinem linken Ringfinger. „So sprecht dann frei heraus. Was wollt Ihr?“
Der Pfalzgraf zu Reichsgau war nie ein Mann der großen geschliffenen Worte gewesen und das machte er nun einmal mehr klar.
„Mein Freund und Nachbar, Eslam von Brendiltal wünscht den freiän Abzug seinär Tochtär Ariescha. Seit Eures Angriffes auf den Tross der Familie zu Brendilal ist sie Eurä Gefangenä.“
„Meine Gefangene?“ platzte es aus dem Grafen mit lauter Stimme hervor. „Ich bin doch kein Kerkermeister von kleinen Kindern!“
„Ihr wollt doch nicht leugnän, dass sich in Eurär Gewalt befindät.“ Simold blieb ruhig und abgeklärt.
Bernhelm neigte sich ein Stück vor und musterte den perricumschen Baron eindringlich. „Sie verweilt derzeit unter meinem Schutz hier, da habt Ihr durchaus Recht. Warum sollte ich sie euch einfach übergeben? Was wollt ihr tun, wenn ich dem nicht zustimme? Wieder eure Attentäter und Strauchdiebe schicken, die in der Nacht meine Güter überfallen, brandschatzen und Männer und Frauen meucheln, die in meinen Diensten stehen? Das macht mir keine Angst!“ Der Graf war aufgestanden und hatte sich bedrohlich auf der anderen Seite des Tisches aufgebaut.
Auch Simold sprang auf. „Ich erinnerä Euch nur zu gernä daran, dass Ihr es mit Euren Schärgen wart, die aus dem Hinterhalt die Familie meines Freundäs Eslam überfallen und brutal ermordät habt. Ein Sohn Eslams und seine edle Frau Mutter wurden von Euren Schwertärn zerhackt!“
„Dieser Sohn von Brendiltal stellte sich mir im Zweikampf entgegen und Rondra war mir hold, nicht ihm,“ polterte Bernhelm zornig. Doch bevor er fortfahren konnte, hob Simold beschwichtigend die Hände.
„Sowohl Ihr als auch wir haben diesä Fehde hart und erbittert geführt. Aber ich bin nicht hier um mich zu rechtfertigen, oder Gründä für Euer Vorgehen zu besprechän. Ich bittä Euch lediglich um das Mädchen.“
Hinter Bernhelms Schläfen arbeitete es sichtbar und mit mahlenden Kiefern nahm er, genau wie sein Gegenüber wieder Platz.
„Ich gebe sie nicht heraus,“ brummte der Hartsteener in seinen Bart.
„Der Bund der Pulethaner ist bereit fünfhundärt Golddukatän Lösegeld für sie zu zahlän.“
Bernhelm legte die Stirn in Falten. „Fünfhundert Goldstücke wollt ihr mir zahlen“, sagte er mehr zu sich selbst.
Einen Moment später wurde der Raum von brütender Stille erfüllt, die eine ganze Weile vorhielt.
Schließlich ergriff Simold wieder das Wort, denn aus der Miene seines Gegenübers konnte er keine Reaktion ableiten.
„Gut, dann sechshundärt.“
„Das Kind muss für Eslam von Brendiltal ja wirklich bedeutsam sein,“ sagte Bernhelm schließlich. „Euer Angebot ist gut, aber ich werde es dennoch nicht annehmen.“
Innerlich verfluchte Simold den sturen Hartsteener. Noch mehr Geld zu zahlen wäre mehr als unbotmäßig, aber eine Fortsetzung der Fehde sollte vermieden werden.
Noch bevor Simold das Angebot zähneknirschend noch einmal erhöhen konnte, räusperte sich der Pfalzgraf und sprach ganz ruhig und sachlich: „Ihr habt mich öffentlich eines Mordanschlages beschuldigt. Ich beteuere meine Unschuld und schwöre nicht darin verwickelt zu sein. Ich weiß bis heute nicht genau, wo dieses Breitenhof genau liegt. Solange diese Anschuldigungen meine Ehre kränken, kann ich ein solches Angebot von euch nicht annehmen. Zieht Eure Schuldzuweisungen zurück und ich will euch das Kind geben.“
Es schmerzte Bernhelm die kleine Ariescha vielleicht zurück geben zu müssen, denn in der Zwischenzeit hatte er die kleine Unruhestifterin mehr als nur in sein Herz geschlossen.
Simold grübelte eine Weile. Die Beweise zu Bernhelms Schuld waren dünn, aber gut die Hälfte der Pulethaner war überzeugt, dass der Pfalzgraf das Attentat in die Wege geleitet hatte.
„Wir könnän nicht öffentlich widärrufen, es sei denn Ihr könnt Eurä Unschuld beweisen. Die Attentäter ritten Pfärde aus Eurän Stallungen bei dem Anschlag von Breitänhof. Und für gewöhnlich verkauft Ihr doch keinä Pfärde.“
„Auch wenn das so war, so habe ich damit nichts zu schaffen,“ erwiderte Bernhelm stur. „Ihr verliert Euer Gesicht, wenn Ihr mir jetzt nachgebt und ich verliere meines, wenn ich mich jetzt auf einen Kuhhandel mit euch einlasse, dann sieht es so aus, als würde ich euch fürchten und würde mich daher mit Gold abspeisen lassen. Aber wie ihr schon gemerkt habt, fürchte ich euch nicht.“
Simold seufzte. Es war aussichtslos. Weder die Pulethaner noch der Pfalzgraf würden sich freiwillig öffentlich dem Spott aussetzen, indem sie ihre Positionen nun aufgaben. Es waren schon Männer und Frauen gestorben in den Kämpfen dieser Fehde, da durfte man jetzt nicht einfach aufgeben.
Deutlich ernüchtert erhob sich Simold und verneigte sich höflich. „Dankä für Eurä Gastfreundschaft.“
„Ich will diesen Konflikt genauso beenden, wie Ihr es wollt, Baron von Haselhain. Und ich glaube es gibt dafür nur einen Weg.“ Das Gesicht des Pfalzgrafen war zu einer feierlichen, ernsten Maske geworden, die Blicke seiner dunklen Augen durchbohrten den Nebachoten fast.
Simold nahm wieder Platz und hörte aufmerksam zu.
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