Geschichten:Wahrheit und Traum
Villa Geldana, 12 Efferd 1037BF.
Starr stand Ondinai von Weyringhaus inmitten ihrer Mutter Merisa und einer Näherin, die beide an ihrem neuen Kleid stickten. Es bestand aus tiefblauer Seide und war verziert mit Droler Spitze, welches Einhornmotive zeigte. Der Schnitt entsprach der neusten garethischen Mode, die Brust war geschnürt und betonte den Busen. Eine passende Haube gab es auch dazu.
Ihr Sohn spielte draußen im Garten mit seinen Karnickel, ihm war es zu langweilig den Damen bei ihrem Werk zuzusehen. Einige kleine Änderungen wurden noch vorgenommen und beharrlich, fast gleich einer Statue stand sie da. Ihre Gedanken jedoch kreisten um die jüngsten Ereignisse.
Mora von Helburg persönlich war angereist, um sie nach Höllenwall zurück zu begleiten.
Dringende Amtsgeschäfte würden warten. Ondinai hatte entsprechend ungnädig reagiert, als sie aber erfuhr das zum 12 Travia die Landreform, auf die sie seit fast zwei Jahren hingewirkt hatte nun umgesetzt werden sollte, war sie ein wenig aus dem Häuschen. Was in aller Welt hatte ihren Gemahl und die Vögtin auf einmal bewogen die Reform doch umzusetzen, und warum so schnell. Mora von Helburg erwies sich diesbezüglich nicht gerade als informativ, oder aber befolgte strikt die Anweisungen ihrer Familie. Ondinai kannte Mora inzwischen gut genug um zu wissen dass aus ihr nichts rauszubekommen war, wenn diese nicht wollte. Irgendwas heckten die Helburger doch wieder aus.
Eiligst hatte sie daraufhin bei einem Schneider ihr neues Kleid für die Ernennung zur Vögtin anfertigen lassen, denn soviel wusste sie nun zumindest. Wie Sand in der Hand, rieselte ihr die Zeit davon, denn sie hatte noch einiges in Gareth zu erledigen. Der kleine Maleparto sollte offiziell am ersten Travia zum Junker von Alfenmohn ernannt werden, etwas was man der wartenden Mora verschwieg, die man in ein nahes Gasthaus abgeschoben hatte. Es war zu diesem Ereignis ein Ball in der Villa Geldana geplant, und die Vorbereitungen waren nun bereits im vollen Gange. Um rechtzeitig in Höllenwall zu sein, müsste sie vermutlich die Kutsche im Eiltempo zurückreisen lassen, kein angenehmer Gedanke. Aber sie hatte keine andere Wahl.
Dann war da noch ihre persönliche Angelegenheit, die sie bisher nur mir sich selber ausgemacht hatte. Die Akademie der magischen Rüstung war ein teurer Fehlschlag gewesen. Erst gestern hatte sie den hiesigen Borontempel aufgesucht. Ihr schauderte immer noch, sie persönlich mochte keine Borontempel. Die bedrückende Stille, der Mangel an Licht, die wortkargen Geweihten, nichts davon was einem das Herz öffnete, zumindest nicht das ihre. Sie hatte sich sogar extra die Mühe gemacht ihr Anliegen aufzuschreiben, damit sie nicht zu viel reden musste. Nach ihrem Besuch hatte sie die Aufzeichnungen verbrannt, es musste vermieden werden, dass diese in die falschen Hände gerieten.
Eine Deuterin Bishdariels hatte sich der Sache angenommen, immerhin man nahm sie ernst. Die Boroni, eine ältere und wohl erfahrene Dame, wusste ihr auch keinen Rat. Die Seele sei eines der größten Mysterien, eine Heilung äußerst schwierig. Oft sei die Verbringung in eines der Häuser vom Orden der heiligen Noinoia die letzte Möglichkeit, aber so schlimm sei es ja noch nicht. Insbesondere wenn man nicht wusste, woher das Leiden stammte. Dann fragte sie direkt, ob den der Erkrankte unter Träumen litt. Und Ondinai musste zugestehen, dass die Alpträume seit seiner Rückkehr zugenommen hatten. Aber ihr Mann weigerte sich steht’s davon zu erzählen.
Tief und ernst hatte die Deuterin daraufhin in ihre Augen geschaut und gesagt: „In den Träumen verborgen ruht die Wahrheit!“
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