Geschichten:Welf – Gejagt
Freiherrlich Scharfenstein, Ende Firun 1048 BF
Jast von Schwippingen nahm seine Armbrust vom Sattel, legte einen Bolzen auf und spannte. Indes war der Baron mit seinen anderen Getreuen zu den Esenfelder Höhen aufgebrochen und der Fuchs war näher gekommen. Ungewöhnlich war das Tier ihm schon die gesamte Zeit vorgekommen. Das tiefrote flauschige Winterfell war deutlich im weißen Schnee zu erkennen. Welcher Fuchs verfolgte schon eine Jagdgesellschaft! Eine seltsame Ironie, nicht wahr? Aber zu nahe war er ihnen nun auch wieder nicht gekommen, so viel Respekt vor ihnen schien er dann doch gehabt zu haben. Vielleicht trieb ihn der Hunger? Es war Ende Firun. Nun machte sich das Tier daran, den anderen zu folgen und sich an ihm vorbeizuschleichen. Auch zu ihm hielt es Abstand. Folgte es dem erlegten Wild, dass die Jagdgesellschaft auf den Pferden hatte? Jast visierte an. Zielte. Nahm sich Zeit. Schoss.
»Verdammt«, schimpfte der Ritter als der Bolzen in den Schnee dicht neben dem Tier einschlug. Sofort legte er einen weiten Bolzen nach und begann die Armbrust zu spannen. Mit dem nahenden Tod konfrontiert, wurde das Tier schneller und kurz darauf war es an dem jungen Ritter vorbeigezogen. Eifrig spannte Jast weiter. Visierte wieder an. Zielte. Schoss. Und verfehlte erneut.
»Bei Firun!«, entfuhr es ihm leicht zornig, »Dann eben anders.« Er befestigte eilig die Armbrust am Sattel, griff sich die Saufeder und drückte die Fersen in die Seiten seines Pferdes. Das Tier preschte voran. Schnee stob um ihn herum. Wirbelte bis in sein Gesicht hinauf. Doch das kleine Tier war unfassbar schnell. Fast so schnell wie er auf seinem Pferd. Er visierte das Tier an. Bereit den Speer zu werfen. Vor ihm kam die Reisegesellschaft näher. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Das Blut rauschte durch seine Adern. Er war so oft auf der Jagd gewesen. So oft. Warum sollte ihm so ein räudiges Vieh ausgerechnet vor dem Herrn Baron entkommen? Wenig vor sich sah er die Reisegesellschaft, dahinter die Kinder, hörte Fetzen eines Gespräches. Und der listige Fuchs lief einfach unter den Pferden hindurch. Das Pony der Pagin scheute. Das Mädchen klammerte sich an das Tier. Eilein ni Rian griff ihr in die Zügel, versuchte das Tier zur Räson zu bringen.
»Scheiße«, entfuhr es Jast. Er ritt noch schneller. »Aus dem Weg, bei Firun!«, rief er mit lauter durchdringender Stimme. Vor ihm teilte sich die Reisegesellschaft. Erstaunte und fragende Blicke lagen auf ihm. Er preschte an ihnen vorbei. Visierte an. Zielte. Und stieß die Saufeder mit einem gekonnten Stoß in den winzigen Körper des Fuchses hinein. Nagelte ihn im Schnee fest. Wenig dahinter, brachte er sein Pferd zum Stehen. Er keuchte. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Alle schauten ihn fragend an. Auch die Kinder.