Geschichten:Welf – Verwundet

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Scharfenstein, im Tsa 1048 BF

Als Drego von Altjachtern auf Burg Scharfenstein ankam, hatte er den Fuchs fast vergessen. Der Fuchs jedoch hatte nicht vergessen. Im nächsten Mond sah man ihn immer wieder um Burg Scharfenstein herumschleichen. Sogar den Damm, den die Biber in der Raller an der Burg gebaut hatte und dessen Entfernung immer damit endete, dass die Tiere ihn wiederaufbauten, hatte man ihn überqueren sehen. Doch es genügte ihm nicht, draußen zu sein. Er nutzte jede Gelegenheit, um in die Burg zu gelangen, versteckte sich auf Wagen und Karren, schlich sich durch die Mannpforte an den Wachen vorbei. Drinnen huschte er zwischen den Menschen quirlig herum. Jeder Versuch, ihn zu fangen, war zum Scheitern verurteilt. Er war klüger als alle hier lebenden Menschen zusammen, kannte jeden Winkel und jedes noch so kleines Versteck auf Burg Scharfenstein. Erst war er nur im Innenhof, bald darauf erkundete er die Gebäude. Eines Tages behauptete das Kindermädchen Ederlindes steif und fest, der Fuchs hätte zusammen mit dem Mädchen in deren Bett gelegen...

»Drego«, als gehöre sie hierher, trat Ailsa ni Rian einfach herein und unterbrach die Beratung mit seinen Vertrauten. Yolande von Raukenfels, Eilein ni Rian, Fael ui Rian, Albur von Nordingen und Lindegard Tempeltreu hielten inne und blickten auf. Mit großen Schritten durchmaß die Reichsritterin den Raum, wandte sich zu Drego macht eine Handbewegung und schaute dann aus dem Fenster hinaus. Der Baron verstand sofort: »Darum geht es also.«

»Was muss ich da hören?«, Ailsa zog ihre Augenbrauen nach oben und musterte ihren Gatten, »Ein Fuchs schleiche sich immer wieder in deine Burg und liege im Bett unserer Tochter

»Unsere Burg, Orknäschen«, korrigierte er da, »Unsere Burg.«

Sie seufzte. »Also?«, fuhr sie unbeirrt fort, »Wie kann das sein?«

Da zuckte er mit den Schultern: »Ich fürchte, das musst du den Herrn Phex schon persönlich fragen. Ich habe darauf keine Antwort. Es ist ein besonders listiges Tier. Keiner konnte es bisher fangen. Es scheint uns immer einen Schritt voraus zu sein. Abgesehen davon: Es handelt sich um sein heiliges Tier, Orknäschen.«

»Und wenn Drego entscheidet, dass er mit einem Löwen das Bett teilen möchte, fändest du das auch in Ordnung? Schließlich ist er das heilige Tier der Herrin Rondra?«

»Das kann man nicht vergleichen«, erwiderte er ihr da kopfschüttelnd.

Sie reckte ihr Kinn etwas höher und wandte sich dem Fenster in den Innenhof zu: »Und Luned hat mir erzählt, dass ihre kleine Schwester einen toten Fuchs wieder lebendig gemacht habe?«

»Der Schwippinger hat einfach nur nicht getroffen«, winkte Eilein ni Rian da ab, »Raulfried von Schwarztannen hat immer mehr in dem Knaben gesehen, als da wirklich war. Vielleicht ist er ja doch von seinem Blut...«

»Oder das intelligente Kerlchen hat sich einfach tot gestellt«, vermutete Fael ui Rian, »Das Tier ist wirklich äußert klug.«

»Dass dir das gefällt, war klar«, kommentierte seine Schwester mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Bist doch nur neidisch, weil man so etwas über eine Fledermaus nie sagen würde«, raunte er ihr da mit einem Lächeln auf den Lippen zu. Die Rian verdrehte die Augen und seufzte schwer. Ihr Bruder wurde auch »der Fuchs« genannt. Er galt als listig und verschlagen, was sie für deutlich übertrieben hielt, aber wer fragte sie schon.

»Vielleicht war er nur leicht verwundet«, versuchte der Baron die unterschiedlichen Sichtweisen zu einen, »Der Schwippinger könnte ihn auch nur gestreift haben. Ederlinde hatte Blut im Gesicht und an der Hand. Es war nicht ihres. Sie war nicht verletzt. Also muss das Tier verletzt gewesen sein.«

»Und das glaubst du wirklich?«, wollte die Reichsritterin da nur wissen.

»Was soll ich sonst glauben, Orknäschen?«


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Reichsforst.svg   Wappen Baronie Schwarztannen.svg   Wappen Freiherrlich Scharfenstein.svg  
 Burg.svg
 
Texte der Hauptreihe:
K2. Gejagt
Tsa 1048 BF am Mittag
Verwundet
Verfehlt


Kapitel 4

Sehnsucht
Autor: Orknase