Geschichten:Wiedersehensfreude - Teil 4
Quendan sah sich neugierig überall um. Er schenkte Linea und Alaria bei jeder Gelegenheit ein freundliches Lächeln und ein verschmitztes Zwinkern. Khorena hingegen verhielt sich höflich und zunächst zurückhaltend. Linea von Travesried schien eine ehrbare und anständige junge Dame zu sein, doch hatte sie gelernt mit Fremden stets vorsichtig zu sein.
Khorena hielt natürlich bei der kärglichen Waffenkammer inne. Sie hatte nie viel für höfisches Geschwätz, oder gar Bälle und Tänze übrig gehabt. Der Klang von Stahl auf Stahl hingegen erfüllte ihr Herz immer wieder mit einem guten Gefühl.
Sie fischte eines der Schwerter aus dem kärglich bestückten Waffenständer und prüfte den Griff. Es lag vernünftig in der Hand und sie schwang es ein, zwei Mal zur Probe. Sie konnte förmlich spüren, wie die Langeweile in ihrem jüngeren Bruder erwachte.
„Musst du denn mit jedem Schwert herum spielen, dass du in die Finger bekommst, liebe Schwester? Unsere Gastgeberin hat bestimmt anderes im Sinn, als dir beim Fuchteln mit diesem Mordwerkzeug zuzusehen.“
Linea hob abwehrend die Hände. „Ich bitte euch! Nehmt euch nur so viel Zeit wie ihr wollt. Das Gut ist nicht so groß, als dass man stundenlang alles erkunden könnte.“
Dies ließ sich Khorena nicht zweimal sagen. Sorgfältig schaute sie sich eine Waffe nach der nächsten an, doch ihrem Bruder zu Liebe nicht für sehr lange.
„Ich denke Rondrigo wird mir die Waffen sicher demnächst zeigen. Wir haben ja nun endlich genug Zeit. Vielleicht hilft er mir auch dabei, meinen etwas eingerosteten Schwertarm wieder zu trainieren.“ Lächelnd wandte sie sich an Linea. „Aber nun denke ich, sollten wir weitergehen, nicht dass mein Bruder noch vor Langeweile einschläft...“ Dankbar vernahm Quendan diese Worte und war sehr froh, als Linea mit ihnen hinaus zu den Ställen ging.
Es dauerte nur vier Stunden bis die kleine Jagdgesellschaft zum Gutshof zurück gekehrt war. Über dem Pferd Lyns hing eine erlegte Sau von ordentlichen Ausmaßen. Der Spieß Cordovans und ein Pfeil Ra'ouls hatten dem Tier kurzerhand den Garaus gemacht.
Die Jagdhunde des Junkers hatten bei der Sauhatz einen guten Dienst geleistet und das Wildschwein schnell aufgespürt und vor die Speere der Jäger getrieben. Sogleich machte sich der Forstmeister des Junkers daran das Fell abzuziehen und das Tier auszunehmen. Der Pelz würde einen netten Fußabtreter geben, oder zur Auslage vor dem Kamin genutzt werden. Die Hunde Rondrigos freuten sich immer, wenn sie ein Fell hatten, auf dem sie vor dem Kamin liegen konnten.