Geschichten:Wo Fuchs und Greif sich treffen - Theoretische Gespräche
8. Ingerimm 1042 BF, Burg Trollwacht, Freiherrlich Zackenberg
Die Hofgeweihte saß mit dem Meister der Schreibstube in dessen Arbeitszimmer. Seit ihrer nächtlichen Begegnung in der Burgkapelle verbrachten die Beiden immer öfters ihre Zeit gemeinsam. Es war nicht so als ob es so große Überschneidungen in ihrer täglich anfallenden Arbeit gab, geschweige denn viel zu erledigen. Viel mehr war es so, dass beide die Nähe des jeweils anderen genossen. Freilich, offen ausgesprochen hatte noch keiner von ihnen diesen Fakt. Warum sollte man auch offensichtliches aussprechen?
Salix saß vor seinem großen Schreibtisch, der aus dunklem Holz gefertigt und an den Rändern mit Schnitzereien in Form von Fischen, Wellen und Bergen versehen war. Auf dem Tisch selbst stapelten sich leere Seiten Pergament, einige Kohlestifte, Feder und zwei Tintenfässchen. Der Tisch selbst stand vor einem kleinen Fenster, aus dem man einen hervorragenden Blick auf die Zacken werfen konnte.
Ansonsten war der Raum recht kahl, ein größerer Schrank, bestehend aus dem gleichen Holz wie der Tisch, stand an einer Seite und schräg, etwas hinter Salix, stand ein zweiter Stuhl, auf dem Orlana Platz genommen hatte.
Der junge Mann öffnete gerade ein Schreiben, welches unverkennbar aus Wasserburg kam. Interessiert laß er sich das kurze Schreiben durch und schmunzelte etwas, was Orlana wiederum aufmerksam vernahm, mit frivoler Stimme fragte sie, "was lest Ihr da, was euch solch Schmunzeln in das Gesicht treibt?".
Salix reichte das Schreiben an seinen neugierigen Gast weiter, "eine Einladung zum Turnier, um die Belehnung Ihrer Hochgeboren Korhilda von Sturmfels mit der wasserburger Baronie zu feiern", stellte Salix etwas belustigt fest.
Die Geweihte des Praios laß sich ebenfalls das Schreiben durch und zog eine Augenbraue hoch, "ich hörte in dieser Fehde sollen so einige Frevel begannen worden sein. Gegipfelt hat das alles dann in dem Mordversuch an Ihrer Hochgeboren", Orlana schüttelte etwas den Kopf als sie ihrem Gesprächspartner das Schreiben zurückgab.
"Zu meiner Verwunderung wurde die gesamte Familie Tikaris entlehnt, nicht nur der einstige Baron, sondern auch dessen Erbfolge... Ein gar seltsame Entscheidung, wie so manches bei dem Urteil", setzte Orlana nach und ließ sich in ihren Stuhl zurückfallen.
Salix runzelte die Stirn, strich sich kurz um den Mund und legte das Schreiben auf den Tisch vor sich, "das dürfte daran liegen, dass dieses Urteil wohl eher phexischer, denn praiotischer Natur ist. Zumindest lassen mich das die äußeren Umstände schließen", mit einem sanften Lächeln blickte er zu Orlana, die nun die Mundwinkel nach unten zog.
"Ein phexisches Urteil sagt ihr? Welch Unsitte. Das Recht sollte geehrt werden und nicht genutzt, um irgendwelche politischen Winkelzüge zu begehen", sie schüttelte enttäuscht den Kopf.
Der Meister der Schreibstube lehnte sich nun ebenfalls in seinem Stuhl zurück und faltete die Hände vor dem Bauch zusammen, "soweit die Theorie doch ich befürchte im realen politischen Leben wird das Ideal hinter die Ziele gesetzt, wenn es denn mal sein muss", aufmunternd blickte Salix zur Geweihten, die immer noch nicht so recht, mit der Situation, einverstanden schien.
Mit einem freudigen grinsen auf den Mundwinkeln erhob er sich, "lasst uns unser Gespräch über Theorie und Praxis doch bei einem kleinen Mahl weiterführen, mir scheint als ob wir beide noch einige Argumente austauschen sollten".
Orlanas Mine hellte sich auf und mit einem beherzten Ruck stand sie auf und nickte ihrem Gegenüber zu.