Geschichten:Ymra und Fatas - Erkenntnisse
Burg Gluckenhang, Hesinde 1036 BF
Nicht ganz ein Mond war vergangen, seid Hlutharion zurück war. Er war seltsam. Anders als früher. Früher war er ein Plagegeist, ohne Disziplin, ohne Anstand, das schwarze Schaf der Familie. Trotzdem oder gerade deswegen hatte sie sich ihm angenommen, als ihren Knappen. Und nach einigen anfänglichen, naja, langen anfänglichen Schwierigkeiten, hatte sie ihn hingebogen bekommen. Ein Ritter wie im Buche wäre er immer noch nicht geworden, aber zumindest auch kein Tunichtgut. Jetzt war er anders.
Denn nicht all zu lang vor seiner Schwertleihe hatte Rondira der Ruf des Grafen, mit dem sie damals schon eine gute Bekanntschaft pflegte, ereilt, der ihr für ihre Verdienste an der Pforte Gluckenhang überantworten wollte, wenn sie die Zustände dort unter Kontrolle bringen würde. Das hatte sie getan. Aber ihr Bruder galt seit damals als verschollen, spurlos, nach dem Kampf um Brosenz. Sie hatte damals nur wenig Zeit und Männer für die Suche nach ihm aufbringen können, galt es doch die Baronie zu befrieden. Und jetzt war er so anders. Und hatte bislang auch noch nicht über die Zeit nach dem Verschwinden gesprochen.
Sie traute diesem Fremden, der ihr Bruder war, einfach nicht. Die Art wie er die Dinge betrachtete, wie er mit den Menschen sprach. Auch wenn sie seinen Haaren und dem Dreck Herr geworden waren und ihm gute Kleider angezogen hatten, hatte er etwas Seltsames und Unheimliches und das lag nicht an dem nachgezogenen Bein oder der steifen Hand. Aber deshalb konnte sie ihm nicht begegnen. Und sie war sich sicher, ihrer beiden Schwester wäre er sogarnicht geheuer gewesen, kannte sie ihn doch noch weniger.
Doch seine Hilfe, die er ihr entgegen brachte, war groß. Er hatte das Thema von ganz allein angesprochen. Ihre Träume und ihre Suche nach Antworten darauf. Und er hatte ihr beigepflichtet, in den Geschichten der tulamidischen Stammväter dieser Lande zu suchen. Anders als alle anderen hier. Außer vielleicht Selo, aber der machte auch immer nur seine Sprüche. Aber Hlutharion war ihr eine wirkliche Hilfe. Er stellte die richtigen Fragen, suchte in den richtigen Schriften. Sogar das Tulamidya, wenn auch nicht der nebachotische Dialekt, beherrschte er in Grundzügen. Und das wichtigste er verstand sie und ihre Träume. Warum auch immer.
So hatten sie schnell einige Bilder deuten können, der Fall Nebachots, der Exodus der baburnebachotischen Stämme. Und Hlutharion hatte sie auf die Ähnlichkeit der drei Hoffnungsträger mit der Tradition der Trinität der Führung hingewiesen. Und da war es ihr wie ein Schauer über den Rücken gelaufen, die Herrin Hesinde hatte sie geküsst. Es war nicht nur eine vage, wirre Vermutung von ihr gewesen, all diese Dinge zu horten, weshalb sie eine Menge Spott hatte erleiden müssen. Nein, irgendetwas hatten diese Dinge mit ihr zu tun. Aber was? Sie konnte sich nicht den kleinsten Reim darauf machen.
Da humpelte Hlutharion in ihre Kuriositätenkammer, wie es die meisten hier nannten, und erneut lief ihr ein Schauer über den Rücken.
„Ich denk…ich…habe…die Antwort…auf die..Schlange.“