Geschichten:Zu Neuem berufen – Andor von Wasserburg

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Gut Wasserburgenau, Rahja 1043 BF:

Mit einem Weinschlauch in der Hand schwankte der Hausherr am frühen Morgen durch sein Schlafgemach. Fast stolperte er dabei über die unbekleideten und sehr Rahja gefälligen Leiber einer Hand voll junger Maiden und Jünglinge. Was für ein Fest, dachte er sich und fühlte die Befriedigungen der Nacht noch in sich. Ein Rausch, der nie enden sollte.

Ja, es hatte sich etwas verändert. Nein, ein ausschweifendes Rahjenleben hatte er schon immer geführt, wovon nicht nur seine Bastarde zeugten. Und nein, dem Trunk hatte er sich auch schon immer hingegeben. Was hatte sich also geändert? Hatte er sich früher nur mit einfachen bäuerlichen Dirnen vergnügt, so ließ er nunmehr seine Gespielen aus der Reichsstadt kommen. Das Bordell Schleiertänzer war diesbezüglich die erste Adresse, besonders was Qualität und Diskretion betraf. Früher brachte er einmal im Monat die Einkünfte seines Gutes in billigen Bordellen und Schenken durch, nunmehr war er der wirkliche Mittelpunkt, umgeben von den schönsten Leibern der Reichsstadt. Wie kam es dazu?

Die arrangierte Ehe mit der Weidener Hochadligen Danje von Binsböckel-Glückshaus sollte sich als Wendepunkt in seinem Leben darstellen. Weniger, weil er nun ein trautes Familienleben führte, nein, er konnte seine neue Gemahlin nicht ausstehen und das ruhte höchstwahrscheinlich sogar auf Gegenseitigkeit. Es war die überaus stattliche Mitgift, die zu seinem veränderten Lebenswandel führte. So ganz verstand er immer noch nicht in was er da rein geraten war, aber er stellte keine Fragen. Scheinbar wollte die Familie oder wer auch immer die Binsböckel loswerden. So nahm er freudig den prall gefüllten Sack Goldmünzen und seine zukünftige Gemahlin entgegen.

Der klangvolle Name seiner Gemahlin und die Mitgift hatten auch eine weitere Wirkung auf ihn: Früher, da sah er sich nur am Boden, der letzte einer langen Ahnenreihe, die einst die Baronie Wasserburg beherrschten, war ein jämmerlicher Säufer, der sich in seine Halbschwester verliebte und am Ende war als diese starb. Doch nun schöpfte er Hoffnung. Hoffnung, dass sein Weg noch nicht zu Ende war, dass er aus dem Dreck in dem er sich suhlte wieder emporsteigen konnte.

Doch noch hatten sich seine Hoffnungen nicht erfüllt. Seine Gemahlin weilt fern von im am Hof des Markgrafen, was ihn nicht störte, aber er ahnte, dass auch er sich am Markgrafenhof blicken lassen musste. Doch erst einmal würde ihn sein Weg in die Reichsstadt führen, ins Bordell Schleiertänzer und zu dessen Besitzer Samirion von Palmyr-Donas.



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Texte der Hauptreihe:
Rah 1043 BF
Andor von Wasserburg


Kapitel 1

Danje von Binsböckel
Autor: Bega