Geschichten:Zunge wie ein Säbel - In die Vergangenheit

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Spätsommer 1046 BF, auf dem Weg von Festung Haselhain nach Gut Schwarzfächerheim, beim Dorf Vorposten

Der Anfang des neuen Jahres war bereits weit voran geschritten, wie auch der Sommer. Und während man im zentralen Garetien bald den Hoftag des neuen Großfürsten, samt Tsatag seiner Gattin und Turnier, begehen würden, bereitete sich auch Baronin Fatime von Pfiffenstock auf "ihr" Turnier Ende Travia vor. Dazu suchte sie die Ruhe von Gut Schwarzfächerheim auf, das ihr Bruder ihr gern überließ und wo nicht ständig diese ewigen traditionsschwangeren Nörgler um sie herum schlichen.

Diese waren ohnehin schon ein "Agrisch m'Hitak" (Schmerz im Hintern), aber das anstehende "raulsche" Turnier und die Wellen die das Machtspiel der Bündnisse, in welchem sie unweigerlich mitspielte, immer deutlicher schlug, machten diese Nörgler unerträglich.

Weshalb sie sich ins Gut ihres Bruder zurückzog um die letzten Details der Madasang-Turney samt Kunstschau vorzubereiten. Das Turnier müsste zumindest ein Achtungserfolg werden, auch wenn - wegen dem zeitnahen Großfürstentruniers - vmtl. nur wenige Rittleute kommen würden. Denn es sollte auch eine Demonstration des Bündnisses zwischen ihr und den Alxertis' werden, in der Hoffnung dort etwas Großes präsentieren zu können, wie Ginaya sie hatte wissen lassen.

Und dies würde mit der Suche der Landrichterin Perrica zu tun haben, welche dafür gar ihre Aufgaben am Markgrafenhof ruhen ließ. Fatimes Vertraute Erena hätte der Alxertiserin dort erneut ein wenig den Rücken frei halten sollen, doch wurde dieser (wie auch der Altmärkerin dort) eine gewisse Danara von Greifenwacht vor die Nase gesetzt, die sich wohl zuletzt hervorgetan haben sollte. Diese Greifenwacht hatte Erena freundlich dankend abgelehnt, weshalb sie in Haselhain einen Zwischenhalt gemacht hatte. Dort hatte Fatime sie empfangen und sie hatte noch ein wenig bleiben wollen, was die Baronin ihr gewährt hatte.

Umso verwunderter war selbige, als man ihr davon kündete, dass Erena offensichtlich ihrem Tross hinterhergereist war um mit ihr zu sprechen. "Bringt sie zu mir."

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Wenig später saß die Kadi und Rechtsgelehrte zusammen mit Fatime und den Kindern in der Kutsche. "Ich hatte nicht gedacht euch so bald wieder zu sehen, Teuerste."

"Ich weiß, das war auch nicht geplant, Euer Hochgeboren. Aber DAS hier konnte keinen Aufschub bekommen." Erena hielt der Baronin eine Schriftrolle hin, die sie zuvor aus einem Behälter gezogen hatte.

"Was ist das? Trägt es etwa das markgräfliche Siegel?"

"Richtig, besser gesagt, das der Landrichterin oder vielmehr ihrer kommissarischen Vertreterin."

"Seltsam, hatte diese euch nicht gerade wegkomplimentiert?"

"Das ist richtig, ob sie das hier zu dem Zeitpunkt schon gewusst hatte, kann ich nicht sagen. Letztlich ist es im Grunde auch nur ein Brief zu Kenntnisnahme, allerdings einer mit Brisanz."

"Was steht denn nun drin? Ich denke, es wird in Juristen-Bosparano geschrieben sein, so verklausuliert, dass ihr es mir ohnehin in euren Worten erklären müsstet. Also überspringen wir doch einfach den Teil, wo ist es selber lese und nicht verstehe."

"Nun, Euer Hochgeboren, Fatime, im Grunde setzt es Euch nur in Kenntnis darüber, dass ein Prüfverfahren gegen Haselhain eingeleitet wurde."

"Ein Prüfverfahren? Aber doch nicht wegen des Baroninnen-Titels?"

"Nein, das ist hieb- und stichfest, dafür hat die Landrichterin bzw. der Markgraf persönlich gesorgt. Es geht um einen alten mutmaßlichen Anspruch auf Ländereien ist Eurer Baronie. Ein bzw. eine gewisse Malai bzw. Malaia Burescher oder Al'Buresh soll Anspruch auf Namen, Titel und Ländereien haben. Ein Vorfall der - soweit das aus dem Schreiben rauszulesen ist - im Zuge der aranischen Segregation bzw. danach in Vergessenheit geraten ist und nun wieder aufgenommen werden soll. Das kuriose daran ist offensichtlich, dass der Antrag darauf gar nicht von der oder dem genannten initiiert wurde."

"Das ist doch absurd."

"Ja, aber rechtlich gesehen, muss es geprüft werden und verjährt auch nicht. Und ist, soweit ich das von hier aus bewerten kann, auch nicht mit Morganabad 42 abgegolten sein."

"Was für ein Wahnsinn, das könnte ein Scherz von Selo sein. Um welche Ländereien handelt es sich?"

"Keine existierenden, das angebliche Anspruchsgebiet befindet sich um das Eck Speerspitz-Eslamskesh-Schönbartheim(-Aldwain) herum, der beigefügte Aktenvermerkt verweißt auf ein "Baburesch bzw. Hlay-Baburesh-Schriftstück".

"Das kommt so ungelegen, das ist kein Zufall. Und im Moment könnte ich noch nichtmal sagen, wem ich das zu verdanken habe. Aber das ist vermutlich auch erstmal zweitrangig. Wie wahrscheinlich wird uns das wirklich Ärger machen?"

"Das kann ich nach derzeitiger Kenntnislage nicht sagen. Ich müsste das einsehen. Allerdings ist die Zuständigkeit juristisch nicht ganz klar, da es sich bei dieser Burescher um eine gebürtige aranische Barburin handelt, die jetzt Perricumerin ist, deren Vorfahren wohl legitime Titel sowohl in Aranien als auch in Perricum hatten und auch weil der ursprüngliche Antrag aus einer Zeit stammt, in der Ansprüche vieler Seiten bestanden. Also vor Morganabad 42, sogar noch vor der Segregation. Das macht es kompliziert."

"Auch das noch. Das heisst wir müssen behutsam damit umgehen, die Aranier im Süden sind ohnehin schon aufgestachelt genug. Wer könnte denn außer der Landrichterin dafür zuständig sein?"

"Die Kadi Ariana von Pfiffenstock-Ruchin, meine Mentorin und Eure Anverwandte durch Heirat."

Fatime atmete auf: "Gut, dann sollte die Sache ja bald vom Tisch sein. Spätestens wenn die Landrichterin wieder im Lande ist, werden sie und die Kadi das schnell dahin verbannen wo es hingehört - in die Vergangenheit. Ich möchte, dass du deine alte Mentorin aufsuchst und sie darauf schon einmal vorbereitest. Ich muss mich um dieses Turnier kümmern."

Erena nickte, war sich aber nicht sicher, ob das so einfach von Statten gehen würde, wie die Baronin sich das vorstellte.