Greifenfurt:Handel und Wandel
Greifenfurt ist eine Region, die nur wenige Handelsgüter zu bieten hat, die über beschwerliche Straßen und Pfade mühevoll gen Gareth, Weiden, Wehrheim oder dem Svellttal gebracht werden. Alles was man selbst nicht herstellen kann ist Luxus, und was andernorts als alltägliches Gut gilt, kostet hier nicht selten ein Vielfaches.
Gehandelt wird vornehmlich mit Rohmaterialien, wie Holz und Stein, die vor allem in Darpatien und Garetien weiterverarbeitet werden.
Den wichtigsten Erwerb der Barone stellt die Holzwirtschaft dar. In den Wäldern läßt sich treffliches Holz für alle Belange schlagen, von starken Stämmen, die als Bauholz dienen sollen, Holz, das für die Papiermühlen bestimmt ist, bis zu feinen Hölzern wie dem Haselnußholz, das zur Herstellung zierlicher Möbel und Paneele trefflich geeignet ist. Alltäglich sieht man schwerbeladene acht- bis zwölfspännige Ochsenfuhrwerke über die Straßen rumpeln, die das Holz an seinen Bestimmungsort bringen.
Doch zieht man es, wann immer es möglich ist, vor, die Stämme über die Breite zu flößen, wie man generell das Verschiffen dem Transport über den Landweg vorzieht, das ist billiger und schneller. Es ist ein eindrucksvoller Anblick, den Flößern dabei zuzusehen, wie sie einzig mit ihren langen Stangen ihre wackeligen Baumfloße durch alle Unwägbarkeiten des Stromes lavieren. Weitverbreitet ist es aus den Stämmen einen groben Kahn zu zimmern, die sogenannten Lauertanne, die man alsdann mit weiterem Holz, Steinen oder sonstigen Gütern belädt. Lauertannen haben allein eine Fahrt stromab zu überstehen, einmal an ihrem Ziel angekommen, werden sie abgewrackt und das Holz als Nutzholz auf den Markt gebracht.
Die Breite ist bis etwa 5 Meilen hinter der Stadt schiffbar, flößen kann man auch noch weiter flußaufwärts. Links und rechts des Flusses ziehen sich Treidelpfade, auf denen kräftige Kaltblüter die schwerbeladenen Kähne stromauf- und - was weit leichter fällt - stromab ziehen, denn segeln kann man auf dem Fluß nur leidlich, Rudern aber kostet eine weit größere Mannschaft als ein Treidelzug.
Eine weitere wichtige Geldquelle sind die Steine aus den Steinbrüchen. Aus Finsterkammer Fels ist manche Wehrmauer, manches feste Haus im Herzen des Reiches errichtet, auch nutzt man den Kalkstein für Tünchen. Mancher Greifenfurter, darunter selbst viele Kinder, schuftet in den Steinbrüchen, ist der Lohn, den der Steinbruchbesitzer für die Plackerei zahlt, doch allemal sicherer, als sich darauf zu verlassen, was einem das Land gibt.
Seine wertvollsten Schätze gibt der Finsterkamm nur widerstrebend preis, wie die Zwergenkohle, Bergkristall, Rosenquarz, Silber und, sehr selten, Gold.
Auch Kupfer und Blei hat man schon gefunden, ebenso Wismut. Die Minen befinden sich, einmal von den Gruben der Finsterkammzwerge abgesehen, ausnahmslos in markgräflicher Hand, nach altem Lehnsrecht, auch wenn es manchen Baron fuchsen mag, daß nicht er es ist, der die Taler einstreichen kann.
Die meisten Greifenfurter sind Bauern, die brav ihre Scholle bestellen. Es kostet schwere Arbeit dem Boden nur das tägliche Brot abzuringen, Überschuß ist kaum zu gewinnen. Nachwievor sind die meisten der Bauern unfrei, wiewohl einige Barone etlichen ihrer Leibeigenen als Belohnung für deren Verdienste bei der Verteidigung des Landes die Freiheit gegeben haben.
Die Viehhaltung dient nicht allein dem Nahrungserwerb, die Häute werden zu Leder verarbeitet oder unbearbeitet verkauft, die Knochen zu grober Seife verkocht. In den größeren Weilern, vornehmlich aber in der Hauptstadt haben sich etliche Handwerke angesiedelt. Die meisten decken den täglichen Bedarf: Schmiede, Bäcker, Schlachter, Zimmerleute etc. Bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind die Pergamentmacher, die aus feinem Schaf- und Ziegenleder kostbares Pergament herstellen, das man für bedeutende Dokumente bis heute dem geschöpften Papier vorzieht.
Leinen zählt zu einer der begehrtesten Waren der Mark, zumal nun, da tobrischer Flachs nicht länger zur Verfügung steht. Neben den Leinenwebern haben sich die Tuchmacher einen Namen gemacht, die sich auf die besondere Kunst verstehen, Wolle zu lodenartigen Stoffen wie dem Greifenberger Blautuch zu verweben, die trefflich wärmen, den Träger vor Wind, Regen und Schnee schützen und lange haltbar sind. Das Filzen - ein mühevolles und schweißtreibendes Geschäft - zählt zu einem weiteren wichtigen Handwerk: Aus Greifenfurter Filz werden Untergewänder für Rüstungen hergestellt, auch bei Hutmachern ist er begehrt.
Auf dem Land hingegen findet man vornehmlich Korbflechter und Köhler, dazu auch etliche, die ihren Lebensunterhalt als Fischer in barönlichem Auftrag bestreiten.
Der Wildreichtum der Wälder macht auch Felle zu einem lukrativen Erwerb. Zwar ist die Jagd nach altem Recht dem Adel vorbehalten - doch veräußert mancher Adelige in Zeiten der Not dieses Recht an fremdländische Jäger.
Eine breite Händlerschicht wie in anderen Regionen hat sich - mit Ausnahme in der Hauptstadt - nicht angesiedelt, wie auch, der Handel kann nur wenige nähren, vergleicht man es mit anderen Provinzen. Doch entfallen so zumindest die allfälligen Spannungen zwischen Geld- und Geburtsadel zu einem großen Teil.
(M. Schwefel)