Heroldartikel:Bei Nacht in den Gassen
Gareth. Still geworden ist es in der Garether Unterwelt, wie es den Anschein hat, denn schon lange hörte man nichts mehr von den Streiteren der einzelnen Banden, die noch vor einem Jahr sich selbst und den braven Bürgern das Leben schwer machten. Auch der Mord an Travion Dromonto, dem man etliche Kontakte zur Unterwelt nachsagt, liegt nun schon einige Zeit zurück, und es hat den Anschein, als herrsche derzeiten Frieden zwischen den Dieben, Einbrechem und Gaunem. Viel mehr denn von den Banden hört man dieser Tage auch aus den Armenvierteln der Stadt und von den nach wie vor in den Ruinen des alten Hippodroms hausenden tobrischen Flüchtlingen. »Hippodrom« beginnt ohne bei einigen Städtem zu einem Wort des Hasses zu werden, welches nur noch verächtlich ausgespien wird, sind doch nicht wenige der Meinung, dass die dort »verprassten Gelder«, so ein Meilersgrunder, an anderen Stellen wesentlich nötiger wäre. Auch allerley Mutmaßungen über den Verlauf des kommenden Sommers haben die Lage in der Stadt nur noch angestachelt; kaum jemand mag daran denken, wie sich eine schlechte Emte auf die Versorgungslage der Kaiserstadt auswirken mag, und die Leidtragenden werden mit Sicherheit die Ärmsten der Armen sein, wenn uns denn die üblen Prophezeiungen widerfahren sollten (was die Zwölfe, allen voran die gütige Mutter Peraine, in ihrer Güte verhindern mögen).
Einigen dieser Armen muss nun die Verlautbarung seitens des Collegiums zur Verwaltung des kaiserlichen Notkorns, dass bereits der vergangene Sommer nicht gut gewesen sei und die Kornspeicher darob nur zur Hälfte gefüllet seien, derart in den Schädel gestiegen sein, dass sie des Nächtens durch die Gassen streifen und aus schlecht verschlossenen Häusern Lebensmittel stehlen. Die Angst vor dem Hunger lässt die Mittel unlauter werden, doch werden solche Eskapaden von der Obrigkeit »unter ferner liefen« abgehackt, schließlich weiß man den eigenen Keller und die Vorratskammern gut gefüllt, was soll denn schon groß passieren. Auch der Umstand, dass die Perainekirche auf dem Lande, vornehmlich in der Goldenen Au, mehr und mehr Gottesdienste und Feldsegnungen durchführt, den Adel und die Reichen der Kaiserstadt wie des Umlandes bislang unberührt gelassen.
Anfang dieses Mondes trug es sich schließlich zu, dass eine kleine Gruppe von Meilersgrundern in einer nebelverhangenen Nacht in einen der Kornspeicher einzusteigen versuchte. Lediglich eine zufällige des Weges kommende Patrouille der Stadtgarde bemerkte das Treiben, da die Meilersgrunder ~ wohl ob mangelnder Erfahrung in solchen Dingen alles andere als leise zu Gange waren. So ward denn schnell um Verstärkung geschickt, die auch noch so rechtzeitig am Ort des Geschehens eintraf, dass alle an dem Raub Beteiligten in Gewahrsam genommen werden konnten und nun in einem der Gardehäuser in der Zelle sitzen. Wenige Tage darauf ereignete sich selbiges noch einmal, und dieses Mal veranstalteten die Diebe einen wahren Höllenlärm, so dass die Garde innerhalb kürzester Zeit vor Ort war und wiederum eine Handvoll Ganoven inhaftierte. Beim anschließenden Verhör kam schließlich zutage, dass jene den Krach absichtlich geschlagen hatten, um ins Verlies zu wandern; anders als in den Gassen könnte man sich im Kerker darauf verlassen, zumindest ausreichend Wasser weiter auf Seite 10 und Brot zu erhalten und nicht darben zu müssen. Daraufhin wurden die frisch Festgenommenen wie auch die nun schon einige Tage in den Zellen schmorenden Meilersgrunder kaum eine Stunde später auf freien Fuß gesetzt. Als jedoch im Verlauf der weiteren Tage erneut in mehrere Kornspeicher eingebrochen wurde, ging auch die Geduld der Garde allmählich zu Ende. Nunmehr werden die Speicher des Nachts von mehreren Garether Spießbürgern bewacht, auf das sich solcherartiges nicht mehr ereigne. Für weiteren Unmut in der Unterschicht sorgte zudem das Verhalten Junker Abelmirs von Krugelberge, dem Kopf der Freunde der Kurtzweyl, welcher selbst auch ein aus der Heimat vertriebener Tobrier ist. So ist es denn wenig verwunderlich, dass dem Junker das Wohl seiner Landsleute am Herzen liegt und er nunmehr dafür sorgen wollte, dass eben jene hier in der Fremde so wenig Not wie nur möglich leiden sollten. Mit einem Wagen voller Korn, dass er wohl in den umliegenden Dörfem erworben haben musste, fuhr er am 10. Peraine am alten Hippodrom vor und verteilte den Weizen an die dortigen Flüchtlinge, die die milde Gabe natürlich nur allzugeme annahmen.
Meilersgrunder wie Südquartierler fanden dieses denn nun aber alles andere als kurzweilig und schickten sich an, zum Hippodrom zu marschieren, mn ihrerseits einen Teil des Korns für dich zu fordern. Bis sich die Horden aber zusammengerottet hatten und losmarschierten, war des Junkers Almosenverteilen längst beendet eine Kunde, die sich ebenso schnell in die Elendsviertel verbreitete wie jene vom Beginn der Verteilung und zudem dafür sorgte, dass der Zug zum Hippodrom sich missmutig und unter lautem Protestgeschrei auflöste, noch bevor er richtig begonnen hatte.
Allerdings kam es in der darauffolgenden Nacht im alten Hippodrom zu einigen Handgreiflichkeiten, als Meilersgrunder die Spende des Junkers aus den Hütten der Flüchtlinge zu stehlen versuchten. Diese machten mit den Dieben jedoch kurzen Prozess und droschen mit Keulen, Knüppeln und Stöcken auf die Meilersgrunder ein, von denen einer jedoch mit einem Messer im Bauch im Staub der Ruinen die Reise über das Nirgendmeer antrat. Es hatte fast den Anschein, als ob die Flüchtlinge mit solchen Ereignissen gerechnet hatten. In den mittleren Bevölkerungsschichten hingegen beginnen sich findige Köpfe nunmehr die Frage zu stellen, wie Junker Abelmir solcherartige Dinge wie auch seinen ausnehmend ausschweifenden Lebensstil zu finanzieren vermag. Von Verbindungen zu den Diebesbanden der Stadt, namentlich den ja auf der Hand liegendenden Tobriem ist da die Rede, von den großen Unbekannten außerhalb der Kaiserstadt, in deren Auftrage der Junker handeln soll, ja selbst einen Agenten der Heptarchen schimpften einige den Krugelberger, der zudem, wie man auch weiß, aber ein recht wackerer Spieler vor dem Herrn Phex ist.
Dennoch hält sich erstere Vermutung derzeit hartnäckig in der Bevölkerung, da nämlich der Junker kürzlich beim Verlassen einer nicht näher benannten Garether Lokalität beobachtet worden sein soll, welche wenig später von der Garde durchsucht wurde, weil ein Bürger dorten Ifinja von Mundtbach, die als Anführerin der Diebesbande der Tobrier gilt, gesehen haben wollte (was jedoch ein Irrtum gewesen zu sein scheint, denn festgenommen wurde bei der Durchsuchung niemand). Junker Abelmir selbst nahm das Rätselraten um seine Person mit der Ruhe eines Adligen gelassen auf: »Was schert sich der Pöbel, woher des Adels Geld kommt? Sie sollen sich doch freuen, dass jemand an sie denkt und traviagefällig in der Not zu teilen bereit istl«
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage in den Gassen der Kaiserstadt fiirderhin entwickeln wird. Noch gibt es ausreichend zu essen für alle (auch wenn die Portionen, welche in den Armenküchen im Meilersgrund und im Südquartier ausgegeben werden, allmählich kleiner werden) aber wie lange noch? Für weitere Unruhe sorgen nunmehr auch die Gerüchte, dass in höheren Kreisen bereits über die Schließung einiger Annenküchen nachgedacht werde, wenn die Umstände es erfordem. Die Leiterin des Ordenshauses der Badilakaner zu Gareth, Ihre Gnaden Yadewine Gumbertinger, stand uns für ein Gespräch zur Klärung dieser Gerüchte Leider nicht zur Verfügung; im Übrigen konzentriere man sich derzeit mehr denn je darauf, die Not zu lindem und sehe daher ohnehin keine Veranlassung, kostbare Zeit mit der Beredung von Gerüchten zu vergeuden, wie ein Ordensbruder lapidar verlauten ließ. Wir werden auch weiterhin berichten.
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