Heroldartikel:Die Greifenfeder
Garetier und Greifenfurter kämpften Seite an Seit gegen die schwarzen Horden
Wir ritten so zügig durch die Nacht, wie es das Gelände und die Sicht zuließen. Das Madamal war von dunklen Wolken verhüllt und den Regen, den sie in den nächsten Stunden bringen würden, konnte man schon riechen. Klamm schloss uns die nächtliche Luft in ihre knochige Hand. Burg Mersingen, Stützpunkt des kaiserlichen Heeres unweit der Trollpforte, war unser Ziel. So hatte ich mich mit Magus Walkirtor, dem Hauptmann meiner Garde Caldach und drei meiner Gardisten auf den Weg gemocht, um über die Ereignisse auf dem Greifenzug Bericht zu erstatten. Wir waren die letzten des Heeres, die nach in der Lage waren, diese Reise anzutreten... Plötzlich hörten wir vor uns hektisches Stimmengewirr und lautes Rascheln. Als ich genauer hinsah, war auch ein schwacher Feuerschein auszumachen. Da rief uns auch schon eine Frauenstimme an: ”He, wer da? Gebt Euch zu erkennen!”. Ich bedeutete meinen Männern zurückzubleiben und ritt alleine auf das Lager zu. ”Den Zwölfen zum Gruße! Verzeiht, dass wir Euch aufgeschreckt haben. Es lag nicht in unserer Absicht. Ich bin Ginaya von Luring-Gareth, Burggräfin der Kaiserlichen Alriksmark.” Während des Sprechens war ich beständig näher geritten, so dass ich nun etwa nur noch zwanzig Schritt vom Lager entfernt war. Ich konnte erkennen, dass dort nahezu drei Dutzend Männer und Frauen ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten, die fast alle schlaftrunken, aber mit gezückten Klingen vor mir standen.
Eine Gestalt löste sich aus der Gruppe und kam auf mich zu. Den Schein des Feuers im Rücken konnte ich ihr Gesicht nicht erkennen, doch ihre große, kräftige Statur und ihr energischer Gang kamen mir sonderbar bekannt vor. ”Baronin von Dergelstein?” fragte ich zögernd. Die Antwort war ein brummendes Gelächter. ”Bei den Zwölfen und allen voran die göttliche Leuin! Welch Geschick der Götter, Euch hier in der Wildnis zu treffen. Aber kommt doch mit Euren Männern erst einmal in unser Lager. Ihr seid in Travias Namen herzlich eingeladen, die Nacht hier mit uns zu verweilen.” Obschon wir es recht eilig hatten, nahmen wir die Einladung an, waren wir doch müde und unsere Pferde ausgelaugt. Schnell stellte ich fest, dass zu meiner großen Verwunderung – denn die greifenfurtschen Adeligen hielten eigentlich am Finsterkamm Wacht und die garetischen Barone und Junker befanden sich entweder auf dem Greifenzug oder mit dem Kaiserlichen Heer an der Trollpforte – neben der Dergelsteiner Baronin auch noch andere mir bekannte greifenfurtsche und garetische Adelige zu dieser Reisegruppe gehörten, namentlich der Baron von Quastenbroich, der Baron von Radulfshausen zu Finsterrode, der Junker von Boronshof, der Bruder des Barons Limpurg von Gallstein nebst Gemahlin, der Bruder des Barons von Helburg zu Höllenwall und die jüngste Schwester des Barons von Uslenried aus dem jüngeren Hause Streitzig. Letzteren beiden konnte ich mitteilen, dass ihre Geschwister zwar verwundet wurden. aber noch unter den Lebenden weilten, während ich für den nunmehr neuen Baron von Gallstein tröstende Worte ob des Verlustes seines Bruders Cordovan Limpurg finden musste. Viele, zu viele waren auf dem Greifenzug in Borons Hallen eingegangen.
Noch in dieses traurige Gespräch vertieft, kam ein Mann auf mich zu, seine Kleidung ordnend und die zarten goldenen Locken aus seinem mit vornehmer Blässe überzogenen Gesicht streichend. Sein Gewand wies ihn ohne Zweifel als einen Geweihten des Herrn Praios aus. Näselnd und mit skeptisch hochgezogenen Augenbrauen sprach er mich an: ”Was soll diese Unruhe und dieser Auflauf hier? Wer sind diese Personen?”.
Nachdem er meinen Rang und Namen erfahren hatte, stellt er sich mir als Lucretian von Greifenfurt vor. Seine Arroganz und übertriebene Art waren mit zutiefst zuwider, doch natürlich behandelte ich ihn mit allem seiner Stellung gebührenden Respekt. In einem Gespräch unter vier Augen bat mich seine Gnaden, die Queste, auf der sich die Reisegruppe ohne Zweifel befand, mit meinem Schwertarm zu unterstützen, da zusätzliche Streiter niemals etwas schaden könnten, Und ohne Frage war die Aufgabe es wert, denn Ihro Erlaucht Irmenella von Greifenfurt selbst hatte den Auftrag dazu gegeben. Es galt, eine goldene Greifenfeder, die der Götterbote vor vielen Monden in der Mark Greifenfurt zurückgelassen hatte, zur Trollpforte zu bringen, damit sie dort ihrer prophezeiten Bestimmung nach im Kampf gegen die dunklen Horden eingesetzt werden konnte. Ohne jedes Zögern schlossen wir uns der Gruppe an.
Obwohl wir abseits der Reichsstraße reisten, kamen wir in den ersten Tagen recht schnell voran. Doch je mehr sich die vor uns liegenden Trollzacken von einer schemenhaft am Horizont aufragenden Gipfelkette in voneinander klar zu unterscheidende schroffe Felsmassive verwandelten, desto beschwerlicher wurde die Reise. Die Pferde stolperten immer häufiger, und nachdem wir erst in das unwirtliche Felsmassiv eingedrungen waren, konnten wir trotz des schmalen Pfades, dem wir folgten, die Tiere oft stundenlang nur an den Zügeln führen. Unser Ziel war ein Kloster, in dem wir die weitere Verantwortung für den Weg der Greifenfeder ablegen und an andere weitergeben sollten. Die Nächte wurden kälter, obwohl der Frühling in das Land Einzug halten sollte, und jeder von uns wusste warum, verdrängte diesen Gedanken jedoch mit einem Schaudern in den hintersten Winkel seines Herzens.
Gegen Mittag des achten Tages, die höchsten Gipfel der Trollzacken lagen bereits hinter uns, erblickten wir von einer Hügelkuppe aus einige Meilen von uns entfernt in einer Senke eine Ansammlung von Hütten das Kloster. Zuversichtlich ritten wir näher. Es handelte sich etwa um ein Dutzend Hütten, teils aus Holz, teils aus Stein, umgeben von einem etwa zwei Schritt hohen Holzzaun. Es stieg kein Rauch auf, keine Menschenseele war zu sehen. Stille umfing die Senke. Wir beschlossen, zunächst einmal stehen zu bleiben und Späher auszusenden. Doch seine Ehrwtlrden Lucretian gab seinem Pferd die Sporen, bis es in einen gestreckten Galopp verfiel und preschte, ohne uns und unserem überraschten und warnenden Rufen überhaupt Beachtung zu schenken, auf das Kloster zu. War es der Glaube an den Götterfürsten, der ihn diese unüberlegt erscheinende Kühnheit verlieh, oder der Wahnsinn, welcher ihn unbeirrt in diese seltsame Stille vor uns trieb? In jedem Fall galt es, Lucretian und damit auch die Greifenfeder zu schützen. so dass sich unser Trupp ebenfalls rasch in Bewegung setzte.
Als wir die Umzäunung hinter uns gelassen hatten, hielten wir auf ein zentral liegendes steinernes Gebäude zu, vor dem bereits das Pferd des Praios-Gweihten stand. Noch immer war niemand zu sehen und nichts zu hören, außer den Geräuschen, die wir selbst verursachten und die in dieser Stille lauter schienen als der Aufprall einer Gerölllawine in einem Tempel. Einige von uns stiegen ab und betraten die steinerne Hütte, während sich die anderen zwischen den anderen Gebäuden umschauten. Das Innere der Hütte war verwüstet und trug die Anzeichen eines Kampfes. Eine Gestalt lag seltsam verrenkt und leblos am Kamin. Aus einer Ecke des Raumes kam ein schwaches Stöhnen und Schaben.
Lucretian von Greifenfurt stand bewegungslos in der Mitte des Zimmers. Fast schien es mir, als huschte ein leises Lächeln über seine hageren Züge, als wir uns mit entsetzten Blicken in der Hütte umsahen. Wir kletterten über zerborstene Stühle und Tische bis in die Ecke, aus der das Geräusch zu kommen schien. Dort lag ein Geweihter des Herrn Praios, gefesselt und geknebelt. Blut lief ihm aus einer Wunde an der Schläfe über das Gesicht. Rasch wurde der am Boden Liegende von seinen Fesseln befreit, und als ihm der zusammengeknallte Stofffetzen aus dem Mund genommen wurde, schnappte er nach Luft und krächzte nur ein einzelnes Wort: ”Verrat!”
Im selben Augenblick hörten wir, wie um die Hütte herum ein Geheul und Gebrüll anhob. Als wir aufsprangen, um nach draußen zu laufen, sahen wir Lucretian: Die Augen weit aufgerissen, den Mund zu einem entstellenden Grinsen verzogen lachte er uns an. ”Es ist aus mit Euch! Ihr werdet sterben, denn ihr dient den Falschen! Nur ER ist der Wahre und Einzige...” Sein Reden endete in wildem, glucksenden Gekicher. Aus der Hütte stürmend wurde ich noch gewahr, wie sich der Baron und die Baronin von Gallstein auf ihn stürzten. Draußen erwartete mich ein besorgniserregender Anblick: Das Gebäude war umzingelt von stinkenden Schwarzpelzen, grunzenden Rotpelzen und schäbigen menschlichen Söldnern. Vor ihnen, mit den Rücken der Hütte zugewandt, standen unsere Streiter. ”Wir sind blauäugig in eine Falle getappt”, schoss es mir noch durch den Kopf; als die Angreifer auch schon ihre Waffen zum ersten Streich schwangen.
Rondra mochte mit uns sein, denn wir kämpften gut: Schnell und kraftvoll waren die Klingen der Garetier und Greifenfurter. Blut tränkte schon bald den roten und schwarzen Pelz lebloser Körper. Doch auch die Streiter auf unserer Seite wurden langsam schwächer, fielen und starben qualvoll. Die Angreifer waren in der Überzahl, und es wurde uns schnell klar, dass wir nicht würden siegen können. Auch aus der Hütte war Kampfeslärm zu hören, der jedoch plötzlich verstummte. Die Gallsteiner traten aus der Hütte, den verwundeten Praios-Geweihten des Klosters stützend. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, was im Inneren geschehen war, doch war ich mir schon damals sicher, dass Lucretian von Greifenfurt dort sein verdientes Ende gefunden hatte. Einer der wenigen Streiter, die noch unsere Reihen ausmachten, schrie uns zu.’ ”Flieht mit der Feder! Wir werden in Praios Namen versuchen, dieses Gesindel in Schach zu halten!”
Ich warf meinem Hauptmann Caldach einen fragenden Blick zu, den er nur mit dem Ruf „Geht, in der Götter Namen!” beantwortete. So kämpften wir uns zu den Pferden durch, die, den Göttern sei Dank, noch nicht vor dem Kampfeslärm geflohen waren, und saßen auf. Baron Gallstein hob den verletzten Geweihten vor sich in den Sattel. Dann trieben wir die Pferde voran, welche auch sofort davonsprengten, dankbar, diesem Ort entkommen zu dürfen. Als ich m ch noch einmal umblickte, sah ich, wie Caldachs Schädel von der Keule eines Schwarzpelzes zerschmettert wurde.
In gestrecktem Galopp flogen wir dahin und entfernten uns mit jedem Schlag unserer wildklopfenden Herzen weiter von dem Ort des Verrates. Für eine kurze Zeit glaubten wir, unsere Flucht sei geglückt, doch schon bald hörten wir hinter uns Geräusche, die uns eines besseren belehrten. Wenig später konnten wir unsere Verfolger auch sehen: Die Goblins auf Wölfen, dahinter die Orks auf Ponys und die Söldner auf Pferden. Bald stand unseren Pferden der Schaum vor dem Maul und ihr Fell klebte schweißnass an ihren dampfenden Körpern. Sie begannen immer häufiger zu straucheln und unsere Verfolger schlossen langsam aber sicher auf. Die Reittiere witterten die Wölfe, spürten die Gefahr nahen und einige von ihnen brachen aus. Auch mein Rappe schoss in wilder Panik nach links davon, und ich schaffte es nicht, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch wie auch den anderen Reitern, welche die Kontrolle über ihre Pferde verloren hatten, mir kam einer der Reisegefährten zur Hilfe. Der Bruder des Barons von Helburg zu Höllenwall riskierte sein eigenes Leben und rettete damit wahrscheinlich das meine.
Auch ein Sturz oder gar ein Zauber, der unseren Überlebenswillen brechen sollte, wurde mit dieser inneren Kraft und Einigkeit unserer nun nur noch kleinen Gruppe zurückgeschmettert. Die Götter seien dafür gepriesen, dass sie den Keim der Pflänzchen Mut und Hoffnung in die Herzen der Menschen pflanzten und sie bei manch einem so erblühen lassen!
Wir entkamen.
In einem kleinen Waldstück glitten wir von den hebenden und keuchenden Pferden. Es wurden Wachen eingeteilt, dann schlief ich nur noch erschöpft ein. Mitten in der Nacht erwachten wir von einem Geräusch. Eine Gestalt näherte sich mit schlurfenden, unsicheren Schritten dem Lager, wenn man es denn überhaupt als ein solches bezeichnen konnte. Wir rappelten uns wankend auf und zückten mit zitternden Händen unsere Klingen. Da erkannten wir die Gestalt: Es war der junge Diener des Verräters Lucretian. Wir dachten, dass er bei dem Kampf in dem Kloster in Borons Reich eingegangen war. Er kam weiterhin auf uns zu, bis er unerwatet vornüber fiel. Der Baron von Radulfshausen beugte sich über ihn, als plötzlich die Hand des Liegenden nach oben schoss und sich um die Kehle des Barons schloss.
In diesem Moment knackte es wiederum aus der Richtung, aus der der Junge gekommen war, und die Silhouetten mehrerer Gestalten zeichneten sich vor dem Sternenhimmel ab. Tote Augen starrten uns aus Gesichtern an, die uns einmal so vertraut waren. Sie griffen uns an, und so blieb uns nichts anderes übrig, als zu vergessen, wer sie einmal gewesen waren, und mit kaltem Auge zu sehen, was nun vor uns stand: Hüllen aus Fleisch, beseelt von unheiliger Magie. So wurden unsere Freunde ein zweites Mal an diesem Tag niedergestreckt, dieses Mal durch unsere eigenen Klingen. Möge Boron ihren Seelen gnädig sein.
Nur langsam kamen wir mit unseren müden Beinen voran. Lediglich zwei Pferde waren uns gebliehen, die übrigen waren bei dem Angriff der untoten Kreaturen geflohen. Wir hatten nicht die Kraft besessen, ihre kaum noch als menschlich zu erkennenden Überreste zu vergraben, und ein Feuer hätte unseren Verfolgern ein allzu deutliches Signal gesetzt. Der verletzte Praios-Geweihte war seinen Wunden erlegen, doch konnten wir ihn nicht einfach auf diesem unheiligern Boden zurücklassen, so dass wir seinen Leichnam auch weiterhin mit uns nahmen. Kurz vor seinem Tode nannte er uns noch Richtung und weiteres Ziel unserer Queste – wir waren auf der Suche nach einer Ruine am Rande der Trollzacken. Welche Chance hatten wir, sie zu finden, hier, inmitten der Dunklen Lande, in denen SEIN Trachten Gebot ist ...
Doch schienen die Götter trotz allem noch immer ihre schützende Hand über uns zu halten, denn als wir schon glaubten, die Erschöpfung würde das letzte Fünkchen Hoffnung in uns einfach auslöschen, erblickten wir im trüben Licht des schwindenden Tages an einem schroffen Hang über uns die Umrisse eines verfallenen Gebäudes. Stolpernd und strauchelnd schleppten wir uns hinauf: Obwohl kein Lichtschein in der offenbar verlassenen Behausung zu sehen war, trat, als wir uns der Ruine bis auf wenige Schritte genähert hatten, ein Mann mit weißem Haar und ebensolchem Bart auf uns zu. Das Symbol des Götterfürsten zierte die Vorderseite seines Gewandes.
Er sagte nur leise: ”Ich habe Euch erwartet.” – und führte uns ins Innere der Ruine. Entgegen unseren Erwartungen war sie dort nicht in dem selben Zustand, wie es von außen schien, sondern es bot sich uns der Anblick eines einfachen, aber völlig intakten doppelstöckigen Gebäudes. Uns wurden Speisen und Getränke angeboten, und während wir diese am Feuer sitzend gierig über unsere spröden Münder in unsere ausgehungerten Mägen schlangen, erzählten wir dem Geweihten von unserer Reise. Als wir mit unserem Bericht geendet hatten, blickte er uns der Reihe nach an und sprach: ”Die Euch aufgetragene Aufgabe ist hiermit erfüllt. Doch nur wenn ihr bereit seid, mir zu helfen, kann die Greifenfeder ihrer Bestimmung zugeführt werden. Folgt mir!” Mit diesen Worten erhob er sich und ging eine steile, enge Wendeltreppe, die in einer Ecke des Raumes lag, hinauf. Sie stieg viel weiter an, als die Ruine überhaupt hoch war und endete dann völlig unerwartet auf einem Steinplateau. Auf seinen Rand zutretend empfing uns ein Anblick, der uns die Kehle zuschnürte: Der weit unter uns liegende Talkessel östlich der Trollpforte glich einem wogenden Meer aus Leibern, von denen nur der kleinste Teil menschlich sein mochte. Und überall waren im Licht des abnehmenden Madamals Banner zu sehen; eine schwarze, siebenstrahlige Krone zierte ihren roten Grund.
Am nächsten Tag brach die Schlacht los. Ihr dröhnend hämmernder Pulsschlag schwang einem riesigen Pendel gleich zwischen den beiden Gipfelketten der Trollzacken hin und her. Der Praios-Geweihte hatte die Greifenfeder, deren irisierender Schein unser aller Blick bannte, am Ende eines Pfeiles befestigt und nickte uns zu. Die Zeit war gekommen. Den Geweihten schützend, machten wir uns auf den Weg in das Gewimmel aus Leibern und Waffen. Wir befanden uns nur in einem Ausläufer der Schlacht, doch die mich umgebenden Geräusche und Gerüche brannten sich wie ein heißes Eisen in meine Seele. Schmerz, Tod und Wahnsinn ließen mich würgen.
Unser Ziel war eine kleine Hügelkuppe, und gerade als wir sie erreichten, veränderte sich die grausame Melodie um uns herum. Ein Ton kam hinzu, der böse und uralt war. Ein überderisches Schreien und das Geräusch mächtiger Schwingen trieben die Sinfonie der Schlacht einem neuen Höhepunkt entgegen. Razzazor stieß in die Tiefe und seine zerfetzten, ledrigen Flügel streiften die Streiter unter ihm. Aus seinem Maul stoben bläulich leuchtend schwarze Flammen. und dieser Atem brachte den Tod. Er mähte alles nieder, egal ob Freund oder Feind. Das Schreien des Drachen war Bosheit und Triumph, angestachelt von dem köstlichen Beweis seiner eigenen Macht.
Der Praios-Geweihte hatte den Pfeil eingelegt und spannte mit zitternden Armen den langen Bogen. Er zielte auf das Wesen, das sich mit jedem Schlag seiner löchrigen und nach Alter stinkenden Schwingen immer weiter der Hügelkuppe, auf der wir standen, näherte. Das Rauschen wurde lauter und der Sturm des Todes wehte grollend heran. doch Razzazor war zu hoch, um von einem Pfeil getroffen werden zu können. Der Drache würde uns alle töten, denn er war zwar außerhalb der Reichweite für uns, aber wir waren für ihn so nah, dass er uns ohne Mühe seinen todbringenden Odem spüren lassen konnte. In diesem Augenblick durchbrach ein Sonnenstrahl die tiefhängende dunkle Wolkendecke, und der Pfeil sirrte durch die Luft. Ein greller Schrei ertönte, als er sich in die schuppige Brust des Drachen senkte. Er warf sich herum, trudelte und schlug zuckend mit seinen Schwingen. Dann stieg er höher und verschwand.
Razzazor hatte das Schlachtfeld verlassen. Für dieses Mal ...
Und alle Lieder sollen singen
Von dem Kampf vereinter Klingen
Wenn sie fechten Seit an Seit
Wieder Hoffnung herrscht für uns’re Zeit.
(aus: Überm Land schwarze Schatten liegen ... von Amber Zahrahjan)
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