Heroldartikel:Ein Ritter ohne Wehr
Ein Ritter ohne Wehr
Graf Danos von Luring erobert die Reichsstadt Luring - allein
LURING: Am Vorabend des Grafenturniers von Luring auf dem Erlgardsfeld, zu dem Graf Danos alle seine Vasallen geladen hatte, kapitulierte die Reichsstadt Luring vor dem Reichsforster und unterwarf sich der gräflichen Munt.
Graf Danos hatte eine geharnischte Drohung ausgesprochen: Die Stadt Luring, erst seit 1016 BF reichsfrei, sollte ihm den Schlüssel der Stadt übergeben, die Reichsfreiheit aufgeben und die Stadtmauer auf fünfzig Schritt einreißen - an dieser Stelle bräuchte es keine Mauer, weil doch des Grafen Ritter sie ersetzten. Graf Danos hatte alle seine Vasallen zum Vorabend des Grafenturniers nach Luring befohlen und unmissverständlich verdeutlicht, keine Handbreit von seinem Anspruch zu weichen. Nicht wenige rätselten, was der Graf vorhatte: Immerhin legte er sich mit der mächtigsten und reichsten Stadt zwischen Gareth und Ferdok an, bot der Kaiserin die Stirn, die immerhin die Schutzherrin Lurings war, und setzte seinen Ruf aufs Spiel, nur in den gerechten Kampf zu ziehen. Zumal Graf Danos ein Mann der Feldschlacht ist, des Reiterkampfes, nicht jedoch der Stadtbelagerung.
Es sollte sich aber zeigen, dass Danos der Ritterliche eine Kulisse aufrichtete, die die Stadt mehr und mehr in ein Dilemma brachte, in eine vollständige Sackgasse, aus der es nur einen Weg hinausgab: den des Grafen.
Der Anblick der auf dem Erlgardsfeld am 9. Praios 1034 BF versammelten Ritter und Vasallen des Grafen sowie seiner Turniergäste gehört sicherlich zum Erhebendsten und Erhabensten, das man dieser Tage erblicken konnte. Über 100 Ritter waren anwesend, hinzukommend Knappen und Speermänner, Krieger und Edelvolk. Die Spielleute erstickten bereits an der Formulierung der Superlative, als der Graf mit seiner Familie von Burg Luringen herab schritt in einer Prozession, die aller Superlative zu mickrigen Worthülsen werden ließ. Seine Ansprache vor seinen Vasallen war aufrüttelnd - und überraschend!
Keinem war entgangen, dass das Ritterheer völlig ungeeignet war, eine Stadt zu erobern. Selbst dieses prächtige Aufgebot musste sich an der Stadtmauer Lurings die Zähne ausbeißen, wo doch Belagerungsgerät fehlte – ja, selbst Sturmleitern waren nicht vorhanden! Doch allen war entgangen, dass sich die Stadt einen Sieg über den Grafen gar nicht leisten konnte. Graf Danos steht auf dem Höhepunkt seiner Macht, sein Volk - auch das innerhalb der Stadtmauern - liebt ihn, und seit das Gerücht umgeht, Graf Danos wolle der Königin die Wildermark zurückbringen, verehren ihn die Ritter nah und fern. Wer könnte es wagen, nicht diesen Mann, aber diesem Mythos zu widerstehen? Wer will seinen Namen damit besudeln, dass er Danos den Ritterlichen besiegte - womöglich noch feige durch einen Bolzenschuss?
Das mögen die Räte der Stadt gedacht haben, als ihr Graf ungerüstet und nur im weißen Untergewand der Ritter die Straße hinauf schritt und die Tore zu öffnen befahl! Nichts jedoch konnten sie gegen diesen Mann ausrichten, der seinen Mythos geschickt genutzt hat, um ihn gegen die ehemalige Reichsstadt zu wenden. Graf Danos hat ganz allein eine Stadt erobert. Und er war unbewaffnet – ein Ritter ohne Wehr!
Doch wäre er nicht der Mann seines Rufes, wenn er nicht auch handelte, wie man ihm nachsagt: Die Stadt feierte unter seiner Huld ein rauschendes Fest, und das anschließende Turnier auf dem Erlgardsfeld war eines der prächtigsten, das man vom Zwillingsberg Lurings herab je hatte sehen können. Der Turniersieger - des Grafen Schwiegersohn Nimmgalf von Hirschfurten - widmete seinen Sieg dem Grafen und gewann dafür des Volkes und der Ritter Sympathien.
Wohin mag dieser Graf, Danos der Ritterliche, seine Vasallen noch führen? Vielleicht in ein ritterliches Zeitalter, nach dem wir uns so sehnen, nach den Goldenen Zeiten Rauls des Großen, Alriks des Ritterlichen oder Menzel des Gutherzigen!