Heroldartikel:Ist dies das Ende der Fehde?
Ein Kommentar zum Machtwort Rohajas von Pfalzgraf Hilbert von Hartsteen
Die Kaiserin hat in den erbittert geführten Kampf um die Hartsteener Grafenkrone eingegriffen. Der Aventurische Bote spricht gar euphorisch von einem „Ende der Fehde“ und preist die politische Weitsicht unserer Regentin. Endlich, könnte man nach fünf langen und für die Bewohner der Grafschaft Hartsteen mühseligen Götterläufen beinahe sagen, besinnt sich die Kaiserin und Königin der Herzen ihrer Lehenspflicht setzt mit harter Hand ihren Willen durch.
Es steht außer Frage: Die Fehde in Hartsteen drohte zum Flächenbrand zu werden. In einer sich steigernden Spirale der Gewalt schwand die Rücksicht auf die grundlegenden Werte, die ihren Ursprung in der Ordnung der Zwölfe nehmen. Diese Ordnung sah Ihre Kaiserliche Majestät zurecht gefährdet. Wo Bauersleute vor ihrem Lehensherrin von ihrer Scholle fliehen und Kaufleute auf ihren Reisen um ihr Gold und Leben fürchten müssen, ist das Gleichgewicht aus dem Gefüge geraten, und eine gerechte Sache droht zum Verderben vieler zu werden.
Man könnte daher meinen, es sei ein Fehler gewesen, als die Königin der Herzen ihre Unterschrift unter das Dokument setzte, welches man gemeinhin als „Ochsenbluter Urkunde“ bezeichnet. Freiwillig hatte die Kaiserin dem Adel des Reiches uralte Rechte wieder zugestanden, welche ihm einst unter ihrem Urgroßvater Reto und ihrem Vater Brin genommen worden waren: die Aufhebung des Reichsfriedens, der dem Adel unter Strafe die Fehde verbot, und die Beendigung der Unterwerfung der Ritter-schaft des Reiches unter das Kaiserliche Heer. Leise hatten ihre Kritiker die Monarchin gemahnt, die neue Freiheit des Adels führe zur Schwächung des gesamten Reiches und die aufflammende Fehde in ihrem eigenen Königreich schien diesen Stimmen Recht zu geben.
Doch bei genauerer Betrachtung sieht man, dass es genau dieser Weg ist, welcher dem Reich den Glanz und die Größe wiederbringen wird. Es gibt keine Alternative zur Ochsenbluter Urkunde, welche das Meisterstück einer klugen und weitsichtigen Regentin ist.
Als das Reich vor fünf Götterläufen in seinen Grundfesten erzitterte und die Dämonen über Land und Kapitale herfielen, war das Reich durch das Verschwinden der Kaiserin gelähmt. Unser nördlicher Nachbar Darpatien ging in die Knie und fiel. Jede herrschaftliche Ordnung ist seitdem in den Landen, welche man nun die „Wildermark“ zu nennen pflegt, verschwunden. Mit einer großen Armee versucht seitdem der Kaiserin loyalster Untertan Ludalf von Wertlingen das Land zu befrieden, um festzustellen, dass Habsucht, Kleingeist und Korruption jede zarte Hoffnung auf Erfolg zunichte machen.
Auch unser geliebtes Königreich Garetien hatte es schwer getroffen, die Grafschaft Hartsteen war wie Darpatien vollkommen in die Hand des Feindes gefallen. Aber hier zeigte sich die Weitsicht der Kaiserin: Durch die Fehde um die Grafenkrone beseelt, ergriffen die Adligen der Grafschaft Partei und setzten in den folgenden Jahren das Recht wieder durch; wissend, dass sie nicht für ihr eigenes Wohl und ihre Geldbörse stritten, sondern für die Ordnung des Reiches. Denn auch wenn beide Parteien für einen unterschiedlichen Grafen stritten, stand ihre Loyalität zur Krone niemals zur Frage.
Auch die Entscheidung Ihrer Kaiserlichen Majestät den Streitfall vor die Schranken des Reichsgerichts zu bringen, ist weise und weitsichtig. Haben doch die hochgeschätzten Reichskammerrichter in der Vergangenheit doch immer nach dem harten Gesetz des Herren Praios entschieden und ist damit über jeglichen Verdachts auf Parteinahme erhaben. So haben beide Fehdeparteien die Kaiserliche Entscheidung in Demut angenommen und harren dem Urteil des Reichsgerichts. Natürlich ruhen bis zu diesem Zeitpunkt die Waffen der Fehde, wenn auch natürlich noch immer nicht die Unfehde erklärt wurde. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis der Friede und die Ordnung in der Grafschaft Hartsteen ihren Einzug halten werden.
Anders dagegen stehen die Vorzeichen in den Landen des einstigen Darpatiens. Weil man dort an dem Irrweg des Kaiserlichen Heeres festhält und es vermissen lässt, eine der Kaiserin loyale Ritterschaft zu schaffen, die in ihrer Sorge um ihre eigene Bevölkerung aus sich selbst heraus einen Frieden bringen, wird es nördlich des Dergels wohl noch lange „wilde Mark“ geben.
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