Heroldartikel:Von Sieg und Verlust und von einer Geburt
Von Sieg und Verlust und von einer Geburt
„Und ihr wollt uns etwas über die Orken sagen? Na Prost Mahlzeit!“ Der Baron von Nebelstein zu einem Adligen auf dem Convente zu Trallop.
Betrachtet man die letzten Monde, so scheint es fast, als seien ganze Zeitalter über die Mark hinweg gezogen. Erneut brach der Schrecken über uns herein, und wieder einmal mussten wir feststellen, dass Sieg und Niederlage, Freude und Schmerz so eng miteinander verwoben sind, als seien sie die beiden Seiten ein und desselben Schwertes.
Während vom 1. bis zum 3. Peraine der Kriegsrat zu Weihenhorst tagte und tapfere Recken ihre Pläne gegeneinander hielten, hatte sich die Schar mutiger Kämpen um den Gemahl der Greifin, Prinz Edelbrecht, gesammelt und war, dem Saljethweg folgend, langsam in die Hänge des Finsterkamms aufgestiegen, allen voran das Banner der Mark in den Händen Rondradans von Orkenwall, des einzigen Erben des gleichbenannten Lehens.
An seiner Seite ritt Guneldian von Dûrenwald-Elfenstein, der kaiserliche Marschall der Mark, gefolgt von den Kaiserlichen, deren Rüstzeug im vollen Licht der Praiosscheibe blinkte und glänzte.
Man ließ sich Zeit, wusste man doch um die Pläne der Märker, nach der erfolgreichen Kriegsschau dem Tross hinterherzueilen, um diesen auf seinem Weg durch Berg und Tal zu verstärken. Die Meisterin der Mark selbst hatte zugesagt, dass sie mit den Ihren den gebeutelten Weidenern zur Hilfe kommen würde und Edelbrecht zugesichert, man werde nach den Fährnissen der Verhandlungen nur zu begierig sein, den ein oder anderen Orkenkopf zu spalten. So hatte sie den eigenen Knappen dem Heerzug als Bannerträger vorangestellt und dem Marschall in die Hand zugesagt, ihm mit allem, was reiten könne, nachzufolgen.
Indessen, wir wissen heute, wie wenig Faduhenna die Pläne der Götter zu durchkreuzen vermochte und wie brutal die Axt der Vorsehung in den ungeschützten Körper der Mark einfahren sollte.
Während die Markgräfin in der Residenz zu Greifenfurt darniederlag, schwer tragend an der Verantwortung für ihr Lehen und dem Kind, das in ihrem Schoße ruhte, stieß Golgari pfeilschnell herab und beraubte die Mark der straffen Hand der Rittmeisterin.
Es obliege den Wissenden, den Verlust, der unser Heimatland ereilte, von Grund auf zu benennen. Der Mord an der Meisterin der Mark schlug eine tiefe Wunde, die nur wie durch ein Wunder nicht zu einem beispiellosen Massaker geführt hat. Denn als die Meisterin von uns schied, da glich das ansonsten so geordnete Greifenfurt einem staubtrockenen Wald, an dessen Flanke jeder Funke einen Flächenbrand hätte zünden können.
Keiner der Edlen schien sich des Rufes des märkischen Heeres zu erinnern, niemand, der nicht lieber Licht in das Dunkel des Mordes gebracht hätte, denn sich zuerst der Kameraden auf dem Passe zu entsinnen. Rufe wurden laut, der Prinz und die Seinen seien in Gefahr und das Banner der Mark blutgetränkt. Doch Uneinigkeit herrschte. Wollten einige edle Recken sofort und ohne Nachsinnen losreiten, die koscher Falkenritter zufürderst, so rieten andere zu Besonnenheit. Man solle warten, bis der feige Mord aufgeklärt sei und der Hauptverdächtige seine Tat gestanden oder dieser überführt sei. Der Hauptverdächtige jedoch, niemand anderes als der tobrische Baradar von Plaue, seines Zeichens Baron von Beldenhag und mit der Meisterin seit einiger Zeit im Streite, ob Blut oder Lehen schwerer der Gefolgschaft bedürften (siehe Herold 22), beharrte auf seiner Unschuld.
In diesem Augenblicke meldete sich der Baron zu Nebelstein, Tilldan Greifentreu, zu Worte und ordnete mit starker Hand den entstandenen Streit. Er selber würde, da sich bisher niemand gemeldet habe, im Namen der Meisterin der Mark und den Göttern zur Ehre den Zug der Nachhut anführen, um die Orken Mores zu lehren. Man solle die Pferde satteln und die Vorräte ergänzen und dieweil über den Verdächtigten zu Gericht sitzen.
Gleichwie auch immer künftige Generationen die Ereignisse beurteilen möchten, das Schiedsgericht kam unter den gestrengen Worten der Kadi von Nebachot und der Baronin von Dergelstein zum abschließenden Schiedsspruch: Praios selbst solle über den Mörder richten und ihn seiner gerechten Strafe zuführen.
Kaum war das Urteil gesprochen, da hallte der Burghof zu Weihenhorst auch schon wider vom Getrappel der Hufe, als sich der Heereszug gen Saljethweg aufmachte, dem Greifingemahl zu Hilfe zu eilen.
Unterdessen erreichte die Nachricht vom Tode der Meisterin der Mark und von der Schwäche der Greifin das ferne Gareth, wo Ludalf von Wertlingen, Edler zu Gareth und Oberhaupt des Hauses Wertlingen, am Hofe der Reichsbehüterin diente. Die Not der Mark sehend wandte er noch am selben Tage der kaiserlichen Residenz den Rücken und ritt nach Greifenfurt, nicht ohne das ein oder andere Ross zu Schanden zu reiten. Kaum in der markgräflichen Residenz angekommen, ruhte er nicht, bis er mit ruhiger Hand die Mark wieder in ein stilleres Fahrwasser geführt hatte. Ihm ist es letztlich zu verdanken, dass die edlen Recken, als sie letztlich von Trallop zurückkehrten, ein geordnetes Staatswesen vorfanden.
Doch was war dieweil in den finsteren Schluchten des Kammes geschehen?
Edelbrecht, der mit dem Marschall und den Seinen die Flanken der Berge vom Svelttal wieder aufsteigend erklommen hatte, hatte Kriegslager errichten lassen, die den Orken die Versorgungslinien abschneiden sollten. Jedes Lager lag in Sichtweite des nächsten und kleine Gruppen von Kundschaftern sondierten die umliegenden Täler und Gipfel und suchten nach Spuren der Schwarzpelze, die von hier aus in die Heldentrutz eingefallen waren.
Erst als der Stab sich sicher war, dass im Rücken des Heeres keine Gefahr lauere, entschloss man sich, die Grenze zum Svelttal zu passieren und das schwierigste und gefährlichste Stück Wegs zu wagen: Peraines Nadel. Hier, wo eine klaftertiefe Schlucht nur an einer Stelle problemlos überwunden werden kann, nämlich über einen Felssporn, der, nördlichster Zipfel der Baronie Finsterrode im Greifenfurtschen, gerade einmal zwei Pferden Platz bietet, nebeneinander den gähnenden Abgrund zu queren, hier sollte es zum alles entscheidenden Kampf kommen. Kaum hatten Banner und Marschall mit einem kleinen Gefolge die Nadel hinter sich gebracht und ein Stück Wegs weiter angehalten, um auf den Greifingemahl und seine Recken zu warten, da strömten, bisher durch finsteres Zauberwerk verborgen, Hunderte von Orken auf die Ahnungslosen ein. Gut gerüstet mit Armbrüsten und Bögen, brandeten die Schwarzpelze dem überraschten Heerwurm entgegen und ehe sich die Reihen auch noch in Kampfformation hatten stellen können, ereilte schon Dutzende der Ihren auf den schneebedeckten Hängen der Tod.
Der Marschall der Mark, von vielen belächelt, doch immer treu zu Greifenfurt stehend und ein starker Schildwall den Kräften, die die Präsenz der Kaiserlichen in unserem Lande lieber geschwächt sähen, starb mit der ersten Angriffswelle, an seiner Seite den jungen Orkenwaller. Golgaris Schwingen schienen das Rufen der Männer und das viehische Kreischen der Schwarzpelze zu übertönen und manch starker Arm erschlaffte unter dem Ansturm der dunklen Brut.
In dieser Stunde, als Sicherheit und Kraft der Mark auf Messers Schneide standen und so mancher edle Recke schon den Tod vor Augen sah, flog mit dem Licht des Herren aus dem Norden ein Reiterheer die Flanke des Berges herauf, Kriegssang auf den Lippen und klingende Waffen in den erhobenen Händen. Die Nachhut hatte das Heer endlich erreicht und über die Köpfe der Streiter klang wie aus einem Munde das geflügelte Wort des Nebelsteiners: „So lasset uns Orken jagen!“
Doch während sich die neu hinzugekommenen einem Keil gleich in die Angriffsreihe des Feindes bohrten, wollte so manchem Streiter das Herz im Leibe versagen. Einer der Orken hatte sich dem Gemahl der Greifin in den Weg gestellt und seine Waffe zum tödlichen Schwung gehoben.
Niemand vermag zu sagen, was hernach geschah. Nur der Greifingemahl selbst könnte Klarheit schaffen, doch er schweigt, das Gesicht von Trauer umschattet. Die Falkenritterin Lissmene von Mönchbach lenkte den tödlichen Streich auf sich selber, empfing die tödliche Wunde und rettete so dem Koscher Prinzen das Leben. Sie sei benannt für all die Streiter, die an diesem Tage bei Peraines Nadel ihr Leben ließen für Greifin und Mark.
Das Erscheinen der Nachhut brachte die Wende und dem taktischen Geschick des Koscher Prinzen wie des Nebelsteiners ist es zu verdanken, dass die Reihen der Mark und ihrer Verbündeten aus dem Kosch und den befreundeten Landen nicht noch schmerzlichere Verluste hinnehmen mussten.
Der Pass wurde befestigt und in einem weiteren Schlagabtausch mit den Orken die Stadt Nordhag aus den Klauen der Schwarzpelze befreit. Doch der Geschmack des Sieges wiegt bitter auf unseren Lippen.
Noch während die Schlacht bei Peraines Nadel tobte, hat die Herrin Tsa ihre Hand über unser Land und die Seinen gelegt und Veränderungen gebracht, deren Ausgang ungewiss sind.
Der Anblick seines erschlagenen Sohnes war zu viel für den Baron von Orkenwall. Folgt man den Berichten der Zurückgekehrten, so begann er zu toben und nur gütiges Zureden brachte den Rasenden wieder zur Besinnung. Auch scheint sich der Ork nicht mehr so zu gebärden wie noch zu unserer Väter Zeit. Ob aufgrund des Einflusses eines neu erstarkten Glaubens in die Allmacht ihrer Führer und Götzen oder aufgrund der unheiligen Allianzen des Svelttales, die Orken kämpfen überlegter, bedienen sich moderner Kriegswaffen und ausgefeilter Taktiken und scheinen alle von einem großen Ziele beseelt. Sie geben ihr Leben bereitwillig hin, nicht ohne zu versuchen, so viele Recken wie möglich in Golgaris Schwingen zu treiben.
Auch ist der Anteil unheiligen Gezüchtes, halb Mensch halb Ork, größer als noch vor ein paar Götterläufen. Ob dies allein auf den immer wieder im Finsterkamm gesichteten Orkenführer Rrul’ghargop zurückzuführen ist, weiß Alveran. Letztlich ist unser Sieg wohl doch nicht mehr als ein blutiger Tropfen auf einem raureifbedeckten Felsvorsprung des Finsterkamms und doch hat diese Schlacht eine tiefe Kerbe in die Reihen der Mark gerissen.
Als die tapferen Recken, durch Botschaft direkt gen Trallop geführt, endlich vor die Augen der Markgräfin traten, stand ihnen das erlebte Leid deutlich im Auge und der Kampf mit dem Feind hatte ihre Gesichter zu grimmigen Masken verhärtet. Der Tod so vieler tapferer Streiter wird wohl für immer ein Fanal bleiben, wie willkommen und göttergefällig auch der Sieg sein mag.
Ein weiteres Ereignis traf an eben diesem Tage tief in das Fleisch der Märker. Vogt Linnert von Wolfenhain hatte kaum eine Sanduhr vor dem Greifingemahl die Feste zu Trallop erreicht und finstere Kunde gebracht. Er war an der Seite Baradar von Plaues, des Barons von Beldenhag und Angeklagten am Mord an der Meisterin, mit einem Heereszug tobrischer Flüchtlinge am Fuße des Finsterkammes gen Heldentrutz gezogen. Noch vor ihrem Tode hatte die Meisterin ihm diesen Befehl gegeben und niemand wollte diesem letzten Willen der Meisterin zuwiderhandeln, auch wenn einige laut überlegt hatten, dass es gerade dies Gesuch gewesen war, welches den neuerlichen Streit von Plaues mit der von Gluckenhagen ausgelöst und vielleicht deren Tod verursacht hatte. Letztlich war von Plaue losgezogen, an seiner Seite die Tobrier, die er dereinst aus dem Heimatlande mitgeführt hatte und die sich mit dem neu bestallten Baron dereinst in Beldenhag angesiedelt hatten.
Linnert von Wolfenhain, der die Gunst des Alten besaß, war auf dessen Geheiß hin von Junker Ylbur von Schwarzensee zu Beldenhag zum Vogt ernannt worden und ritt nun an seiner Seite, ein würdiger Stellvertreter und erfahrener Kämpe im Kampf gegen Gezücht aller Art.
Es war in den frühen Morgenstunden an der Grenze zwischen Finsterrode und der Heldentrutz, dass man auf ein Kontingent von Orken traf, die an dieser Stelle augenscheinlich ein Lager errichtet und die umliegenden bäuerlichen Gehöfte gebrandschatzt hatten.
Sofort ging man zum Angriff über und während die Orken noch aus den Zelten stürzten, fuhr bereits der Baron von Beldenhag wie ein rächender Greif durch das Lager.
Linnert, der nicht weit vom Barone das Schwert schwang, sah, wie sein Herr die Seinen im Kampf dirigierte, als sei er ein Musikus, der ein liebfeldisches Orchester befehligt. Es dauerte keine volle Sanduhr, da hatten die Tobrier den Orken das Leben aus dem Leib gebläut und den roten Hahn auf ihre Zelte gesetzt. Eben in dieser Stunde, als die Schlacht geschlagen und die Verwundeten versorgt waren, entbrandete einem nahe gelegenen Waldstück ein kleiner Tross Orken, die, auf Wölfen reitend und bis an die Zähne bewaffnet, mitten in das Herz des Lagers stürmten. Der ganze Vorfall dauerte keine zwei Herzschläge, hatten sich die Schwarzpelze doch von allen unbemerkt gesammelt und bis zum Zeitpunkt des Angriffs keinen Laut von sich gegeben.
Und während die überraschten Soldaten noch fluchend ihre gerade gereinigten Schwerter aus den Scheiden zogen, brach das Auge des Barons von Beldenhag und Baradar von Plaue fiel zu Tode getroffen in die Arme seines Gefolgsmannes. Erst nachdem die Angreifer niedergemacht und ihre grässlichen Reittiere zu Boden gerungen hatten, wurde das Ausmaß der Katastrophe sichtbar. Die Orken hatten zielgenau den Anführer des Heeres, Baradar von Plaue, mit einem Armbrustbolzen von hinten erschossen, bevor auch nur eine einzige andere Waffe zum Einsatz gekommen war. Die wir dies wissen, erinnern uns der Worte des Tobriers nach dem Schiedsspruch zu Weihenhorst: „Praios schütze meinen Rücken“, hatte er gerufen und sein Ende offenbar schon vorausgesehen – ob aus Gewissheit seiner Schuld oder aus Argwohn gegenüber seinen Feinden, wer vermag das zu wissen?
So war es an Linnert von Wolfenhain, den Baron von Beldenhag in einem einfachen Grabhügel zur ewigen Ruhe zu betten, die Mannen zu sammeln und das zu Ende zu führen, was sein Herr zu tun versprochen hatte: den Weidenern zur Hilfe zu kommen und mit dem „tobrischen Kontingent“ die Heldentrutz zu säubern, um von dieser Seite den Greifenfurtern zuzuarbeiten.
Ob der jähe Tod des Barons von Beldenhag die von Praios zugedachte Strafe für den Mord an der Meisterin der Mark ist, wer will dies hier entscheiden? Letztlich werden wir es wohl nie erfahren, auch wenn überall der Ruf laut wird, den Bolzen habe der Göttervater selbst gelenkt.
Die Markgräfin ihrerseits hat sich zu den Vorkommnissen in keinster Weise geäußert. Andere Dinge pressierten weit mehr: Noch auf dem Reichskonvente erreichte es die Greifin mit Verweis auf die augenblickliche Lage der Mark, dass die Reichsbehüterin ihren Vetter, Ludalf von Wertlingen, als neuen Marschall der Mark einsetzte. Und während noch ihr Gemahl mit einem wackeren Heer aufbrach, um den Belagerten auf dem Rhodenstein zur Hilfe zu kommen, dicht gefolgt vom Baron von Nebelstein, der sich ebenfalls aufgemacht hatte, die Greifenfurtschen Truppen in Nordhag wieder in Marsch zu setzen und, an der Seite des Barons von Orkenwall, sich mit Edelbrecht vor den aufragenden Klippen der Rhodenstein zu treffen, ritt die Greifin im Eiltempo zurück in die heimatliche Residenz, um dort über die Siege und Verluste nachzusinnen.
Zufürderst galt es nun, die vakante Stelle der Meisterin der Mark wieder zu füllen, doch der aussichtsreichste Kandidat, nämlich Argaen von Orkenwall, stand nicht mehr zur Verfügung. Ob es der jähe Tod seines Sohnes war oder der wieder aufflammende Schmerz um den Tod seiner geliebten Frau, der Kampf bei Peraines Nadel hat wohl niemanden so sehr verändert wie den Baron von Orkenwall. Freunden zufolge hat er sich selbst aufgegeben und strebt nur noch danach, den eigenen Schmerz im Kampf gegen die verhassten Schwarzpelze zu betäuben. Das Angebot der Greifin, das Erbe der Meisterin der Mark anzutreten, wies er demütig zurück. Niemand kennt den genauen Wortlaut des Gespräches, doch berichten Beobachter, dass die Greifin nach dem Gespräch mit dem alten Recken zutiefst verstört und nachdenklich war.
Dass Taten mehr zählen als tausend Worte, bedarf keiner Erklärung und so verwundert es nicht, dass nach der Ablehnung des Amtes durch den Orkenwaller niemand anderes als der Baron von Nebelstein zum neuen Meister der Mark gekürt wurde. Zwar soll es heftigen Protest seitens der Baronin von Dergelstein gegeben haben, immerhin ist das Haus Nebelstein im Vergleich zu dem Geschlecht der Dergelsteiner geradezu „neuadlig“, doch der Beschluss der Greifin steht fest wie der Finsterkamm.
Die angespannte Situation in den nördlichen Regionen der Mark brachten denn auch weitere Veränderungen. Auf Anraten des märkischen Mundschenks, Merten Ugdalf von Bugenbühl-Krähenklamm, bestallte Irmenella von Wertlingen einen jüngeren Sohn der Junkerin Yadviga Keilholtz zu Schroffenstein, den Edlen Herdan Lucius Keilholtz, zum neuen Baron von Finsterkamm, um die dort schon viel zu lange andauernde Vakanz endlich zu beenden.
Und während Rahja ins Land ging und die Edlen der Mark sich den neuen Aufgaben widmeten, Ludalf von Wertlingen die kaiserlichen Truppen auf sich einschwor, der neue Baron zu Finsterkamm den Seinen die Lehnseide abnahm und sich der neue Meister der Mark daran machte, die liegen gebliebenen Aufgaben zu sichten, kehrte eine ungewöhnliche Ruhe in der Mark ein, welche die Nachricht vom Sieg der Märker am Rhodenstein nicht zu durchbrechen vermochte. Und endlich, der Herre Praios hatte am ersten Tage seines eigenen Mondes sein Licht gerade eben erst über die Mauern der Residenzstadt gelegt, durchbrach ein lauter Schrei die angespannte Stille und ein Ruf wurde laut mit dem Läuten der Glocken und gongen der Tempel: Greifenfurt hat einen Erben, das Haus von Wertlingen einen kräftigen und gesunden Nachfolger, die Greifin einen Sohn!
Und während das Volk noch lärmend und jubelnd durch die Straßen der Stadt lief, zeigte sich die Greifin das erste Mal auf dem Balkon der Residenz, im Arm Ulfried Halmdahl von Wertlingen, den Sohn der Greifin und Erben des markgräflichen Thrones.
So wache denn auf, liebliches Greifenfurt! Freue dich über den Segen der Herrin Tsa und der übrigen Elf! Jubele mit der Greifin und wisse: Auch wenn die Not groß ist und der Finsterkamm dunkel dräut, die Mark ist stark und die Götter nah!
Hesindigon Scafel
Nach der Schlacht an Peraines Nadel hat sich in Greifenfurt die politische Situation gewandelt. Bei Hofe wird es immer öfter zu einem Aufeinanderprallen dreier Fraktionen kommen, zwischen denen der Meister der Mark befriedend vermitteln muss. Einerseits verlangt die Fraktion der Altadligen um die Baronin von Dergelstein, dass man die Wacht im Finsterkamm weiter ausbaut und alle verfügbaren Mittel in den Kampf gegen die Orken steckt, andererseits verlangen die südlicheren Lehen, die über die meisten Mittel verfügen, dass man auch die übrigen Lehen finanziell unterstützt, um bei einem Durchbrechen der Orken nicht vor einem neuerlichen Exodus zu stehen. Wortführerin dieser Gruppe ist Baronin Yadvige von Hasenfeld.
Eine dritte Gruppe schließlich, welche der märkische Mundschenk Merten Ugdalf von Bugenbühl-Krähenklamm anführt, hat vorgeschlagen, von den Geldern Söldner anzuwerben, die beide Aufgaben gleichermaßen wahrnehmen könnten und zudem bei einer erfolgten Befriedung leicht wieder außer Dienst gestellt werden können, während einmal begonnene Bauvorhaben die Ressourcen der Mark auf lange Zeit binden würden.
Zudem verbreiten sich in der gesamten Mark eine Reihe von Stimmen, nach denen der Ork weit schlauer sei, als man dies von Orken überhaupt glauben möchte. Schon mehren sich Gerüchte von Wanderern und Kauffahrern, die in den engen Tälern des Finsterkammes verschollen sind und von Orkbanden, die wie aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden. Tatsächlich sind noch nicht alle Orknester der letzten Übergriffe ausgeräuchert und einige Orkbanden marodieren weiterhin an den Hängen des Finsterkammes entlang. Ihr Ziel ist es, in schnellen Partisanenangriffen die Moral der Bewohner zu zerrütten und so eine Landflucht auszulösen. Hinter allem steckt ein seit langem vorbereiteter Plan des orkischen Tairachkultes, das Gebiet unterhalb des Finsterkammes zu entvölkern.
Auch haben die Aktivität des blutigen Habicht (siehe Artikel in diesem Herold) und anderer Räuberbanden wieder zugenommen und gerade in den weiter entfernten Regionen des Finsterkammes beobachten die Bewohner misstrauisch alle Fremden, die ihre Dörfer und Anger betreten. Alles in allem breitet sich in den Gebieten unterhalb des Finsterkammes ein Gefühl aus, als seien die Wege gefährlicher geworden und als rückten die Berge näher zusammen. Sollten Sie ein Abenteuer in dieser Region planen, so versuchen Sie eine Atmosphäre aufzubauen, wie sie in einem guten Gruselfilm herrscht. Obwohl man nichts sieht und nichts wahrnimmt und obwohl verschwunden Geglaubte ohne einen Kratzer zurückkehren und berichten, sie hätten eine ereignislose Fahrt hinter sich, haben die Helden trotzdem das Gefühl, als seien die Pfade nicht mehr länger sicher und als lauere hinter jedem Baum eine Gefahr.