Benutzerin:Gramhild/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen
| Zeile 141: | Zeile 141: | ||
Immer schon war Odil früh aufgestanden und hatte erst einmal die Ruhe in der alten Wasserburg genossen. Hier in Zalgomühlen schaute er statt dessen eine Weile von der Küche aus auf den Graben. Hier war bereits geschäftiges Treiben und die Vorbereitungen des Tages waren in vollem Gange, doch den alten Kammerdiener ließ man in Ruhe. Bis er zur gewohnten Zeit zu seinem [[Hauptdarsteller ist::Greifenfurt:Tyrian Gelfert von Schelentorff-Zalgo|Baron]] ging und ihm das Frühstück brachte. Immer wieder seufzte er, wenn er allein war, dass es ihm früher einfach leichter von der Hand ging, denn Herrschaften zu Diensten zu sein. Besonders mit dem alten Baron, Boron sei seiner Seele gnädig, war er gut ausgekommen. Jeder kannte seinen Platz. Aber seit der kleine Tyrian selbst das Amt seines Vaters übernommen hatte, war es nicht einfacher geworden. Und mit jedem Morgen wurde es schwerer, die müden Knochen zu einem weiteren Tag ehrbarer Arbeit zu überreden. Aber es nutzte nichts und er wollte sich nicht beschweren. Immerhin hatte er meist noch ein trockenes Plätzchen, an dem er schlafen durfte, und musste sich nicht an seinen Sohn wenden und ihn um ein stilles Kämmerlein und ein wenig Suppe als Alterssitz bitten. | Immer schon war Odil früh aufgestanden und hatte erst einmal die Ruhe in der alten Wasserburg genossen. Hier in Zalgomühlen schaute er statt dessen eine Weile von der Küche aus auf den Graben. Hier war bereits geschäftiges Treiben und die Vorbereitungen des Tages waren in vollem Gange, doch den alten Kammerdiener ließ man in Ruhe. Bis er zur gewohnten Zeit zu seinem [[Hauptdarsteller ist::Greifenfurt:Tyrian Gelfert von Schelentorff-Zalgo|Baron]] ging und ihm das Frühstück brachte. Immer wieder seufzte er, wenn er allein war, dass es ihm früher einfach leichter von der Hand ging, denn Herrschaften zu Diensten zu sein. Besonders mit dem alten Baron, Boron sei seiner Seele gnädig, war er gut ausgekommen. Jeder kannte seinen Platz. Aber seit der kleine Tyrian selbst das Amt seines Vaters übernommen hatte, war es nicht einfacher geworden. Und mit jedem Morgen wurde es schwerer, die müden Knochen zu einem weiteren Tag ehrbarer Arbeit zu überreden. Aber es nutzte nichts und er wollte sich nicht beschweren. Immerhin hatte er meist noch ein trockenes Plätzchen, an dem er schlafen durfte, und musste sich nicht an seinen Sohn wenden und ihn um ein stilles Kämmerlein und ein wenig Suppe als Alterssitz bitten. | ||
Heute aber war alles noch ein wenig schlechter als sonst. Nicht nur seine Knochen wurden einfach nicht warm, sondern auch sein Blick schien ihm trüber als sonst. Als dann noch ein Bursche aus dem Dorf schon gerannt kam, bevor die Sonne über den Horizont gestiegen war, weil der Mühlweiher gekippt war - und das im Winter! - , konnte es kein guter Tag mehr werden. Mal sehen, | Heute aber war alles noch ein wenig schlechter als sonst. Nicht nur seine Knochen wurden einfach nicht warm, sondern auch sein Blick schien ihm trüber als sonst. Als dann noch ein Bursche aus dem Dorf schon gerannt kam, bevor die Sonne über den Horizont gestiegen war, weil der Mühlweiher gekippt war - und das im Winter! - , konnte es kein guter Tag mehr werden. Mal sehen, wie sich der Baron darum kümmern würde. Aber es konnte nur einen Haufen Arbeit für alle bedeuten. | ||
Als Baron Tyrian sich den Weiher genauer ansah, runzelte er die Stirn. Das im Winter sonst immer saubere Wasser war braun vor Schlamm und Dreck. Algen und Wasserpflanzen trieben auf dem Teich, die eigentlich in den tieferen Schichten wachsen sollten. Einige Fische schwammen bäuchlings an der Oberfläche. Alle Wasservögel waren entweder aufgeflogen | Als Baron Tyrian sich den Weiher genauer ansah, runzelte er die Stirn. Das im Winter sonst immer saubere Wasser war braun vor Schlamm und Dreck. Algen und Wasserpflanzen trieben auf dem Teich, die eigentlich in den tieferen Schichten wachsen sollten. Einige Fische schwammen bäuchlings an der Oberfläche. Alle Wasservögel waren entweder aufgeflogen, zum Burggraben umgezogen oder beschwerten sich laut schnatternd über die ungewohnte Aufmerksamkeit. Das halbe Dorf hatte sich inzwischen am Weiher zusammen gefunden, doch der Baron hielt die hinter vorgehaltener Hand getätigten wilden Spekulationen über Feen, Kobolde und Teichnecker für dummes Geschwätz. | ||
"Hört mit dem Geschnatter auf!" raunzte er die Leute an. "Es reicht doch, wenn die Gänse das tun, da müsst ihr euch nicht noch beteiligen. Macht euch lieber nützlich und öffnet den Ausfluss. Lasst das ganze Wasser ab und sammelt die toten Viecher raus. Wollen doch mal sehen, was da los ist." | "Hört mit dem Geschnatter auf!" raunzte er die Leute an. "Es reicht doch, wenn die Gänse das tun, da müsst ihr euch nicht noch beteiligen. Macht euch lieber nützlich und öffnet den Ausfluss. Lasst das ganze Wasser ab und sammelt die toten Viecher raus. Wollen doch mal sehen, was da los ist." Am schlammigen Ufer waren Schleifspuren und Abdrücke eines großen, schweren Gegenstandes zu sehen. Aber niemand konnte entdecken, was da rausgeholt wurde und in welche Richtung es geblieben war. | ||
Einige Zeit später war das Wasser bis auf wenige Finger Höhe abgelassen. Am Grund des Weihers machten die Dörfler eine weitere Entdeckung: dort lag ein altes Fundament. Doch prangte in dessen Fugen ein großes Loch, wo Wasserpflanzen weggeschnitten und etwas herausgebrochen | Einige Zeit später war das Wasser bis auf wenige Finger Höhe abgelassen. Am Grund des Weihers machten die Dörfler eine weitere Entdeckung: dort lag ein altes Fundament. Doch prangte in dessen Fugen ein großes Loch, wo Wasserpflanzen weggeschnitten und etwas herausgebrochen worden war. Es schien so, als habe jemand oder etwas die fehlenden Felsbrocken an den Rand des Mühlweihers geschoben und war dann einfach verschwunden. "Als könnten Steine fliegen.", brummte Tyrian missmutig vor sich hin und schaute einmal in Richtung des Horizontes. | ||
Version vom 31. Juli 2015, 18:01 Uhr
Hochzeit auf Dreihügeln
Gästeliste
Brautleute:
- Wulfhart von Keilholtz, Bräutigam
- Rahjamunde Praioslieb von Schroffenstein-Grünfels, Braut
adlige Gäste (nach Rang):
- ggf. die Greifin nebst Gemahl
- Baron Ardo von Keilholtz zu Kressenburg, ältester Sohn des Bräutigams, mit seiner Gemahlin Praiadne Keilholtz
- Baron Greifwin Treuherz Keilholtz zu Eslamsroden
- Baron Adran von Schmalfurt zu Nardesfeld
- Baron Anselm Hilberan von Hundsgrab-Bugenbühl mit Familie
- Baron Gerbald von Reiffenberg zu Hexenhain, sein Sohn Urion nebst Gattin Renzi
- Baron Tyrian Gelfert von Schelentorf-Zalgo zu Zalgo
- Baron Cordoran von Beldenhag zu Beldenhag
- Baron Avrok von Bredenhag zu Donfanger
- Baronin Thargrîn von Arpitz zu Wehrfelde
- Baron Bernhelm Adersin von Dunkelsfarn
- Landvogt Frankwart von Gallsteyn zu Breitenbruck
- Junkerin Edelgunde Gramhild von Schroffenstein, Mutter der Braut
- JunkerinYadviga Keilholz zu Schroffenstein
- Edelgunda Dorothea Keilholtz, Erbin des Junkertums Schroffenstein einschließlich ihres Gemahls
- Sigane, Tsaiana und Sonnfried Keilholtz, Kinder von Edelgunda Keilholtz
- Edle Ingrimma Keilholtz, Verwalterin des Junktertums Weidensee
- Edle Gunelde von Zweifelfels, Mutter des Bräutigams
- Edler Seguld von Breitenquell zu Breitenquell
- Algrim und Yanis Keilholtz, zweiter und dritter Sohn von Ingrimma Keilholtz
- Firnward von Keilholtz, vierter Sohn des Bräutigams, Krieger in Ausbildung
- Lisande von Keilholtz, Tochter des Bräutigams, Pagin am Hof des Barons von Hundsgrab
- Rondraja Tsafreud von Schroffenstein-Grünfels, Schwester der Braut, Offizierin der Greifenfurter Garde
Geweihtenschaft:
- Roderich von Keilholtz, Peraine-Geweihter, Bruder des Bräutigams, Subprior des Peraine-Klosters Sankt Therbûn im Walde
- Kornibert Erntegut, Peraine-Geweihter aus dem Kloster Nardeshain
- Travhelm von Keilholtz, dritter Sohn des Bräutigams, Travia-Geweihter
- Trautmunde Traviatreu, Travia-Geweihte
- Rondrian von Reiffenberg, Rondrageweihter
- Perdan von Grevinghoff, Peraine-Geweihter
- Roderich von Goyern, Praios-Geweihter und Tempelvorsteher, Beichtvater der Baronin zu Wehrfelde
- Praan von Rieperngaum, junger Praios-Geweihter
- Bruder Peranor, Abt des Ordenshauses der Therbûniten[[Kategorie:Therbûniten|]] in Greifenfurt
Knappen, Pagen, Bürgerliche:
- Firnwulf von Hirschfurten, Page Ardos
- Mechthild von Kieselholm, Knappin Ardos
- Edelbrecht Roban zu Stippwitz, Page Wulfharts
- Leuthardt von Eslamsberge-Krolock, Wulfharts Knappe
- Sianka Madaela Falcomar di Rastino, (almadanische) Knappin Tyrians
- Thoralf von Breitenquell, Bernhelms Knappe
- Reto von Trollingen, Page Frankwarts
- Gerding von Karseitz, Knappe Edelbrechts
- Travholde von Grevinghoff, Pagin von Irmenella
- Prailinde von Keilholtz, Pagin Irmenellas
- verschiedene Kammerdiener und Zofen, Mägde und Knechte
- eine Faust Grenzreiter
- die Dörfler
- eine Hand voll Fahrender
Ankunft der ersten Gäste
siehe Hochzeit auf Dreihügeln - Ankunft der ersten Gäste
Mehr Gäste und unerwartete Geschenke
siehe Hochzeit auf Dreihügeln - Mehr Gäste und unerwartete Geschenke
Vor der Feier
siehe Hochzeit auf Dreihügeln - Vor der Feier
Feierlichkeiten
siehe Hochzeit auf Dreihügeln - Feierlichkeiten
Zwillinge auf Kressenburg
Hochzeit auf Dreihügeln - Zwillinge auf Kressenburg
Nardesfelder Landwehr
Dreihügeln, irgendwann im Herbst
Es war mal wieder an der Zeit: Die Ernte war vorrüber, die Abgaben sollten zum Baron gebracht werden, die jungen Burschen sollten auf Burg Schmalfurt vorstellig werden. Es war mal wieder Zeit, dass der Rondra-Geweihte, der den Burgschrein dort pflegte, die Burschen im Umgang mit den Waffen schulte. Also wurden die Halbstarken mit den Wagen die Straße rüber nach Schmalfurt geschickt. Ohne Murren gingen sie los und begleiteten hoch erhobenen Hauptes den Zehntzug zum Baron, jeder mit einem Speer, einem Spieß oder gar dem einen oder anderen Familienerbstück bewaffnet. Nicht wenige trugen zudem noch einen Kurzbogen mit sich, denn jeder hier wusste, dass ein guter Bogenschütze sich den einen oder anderen Feind mit einem gezielten Schuss vom Leibe halten konnte. Die Legenden um den Schmalfurter Vogt mussten nicht weit wandern, um hier zu Gehör zu gelangen.
Als die kleine Truppe gegen späten Nachmittag in Schmalfurt ankamen, sahen sie schon den einen oder anderen kleineren Trupp, die ebenfalls ihre Wagen in Richtung der Burg lenkten und aus überwiegend jungen Leuten bestand. Gut gelaunt schlossen sie sich den anderen an und reihten sich in die Kolonne. Doch lange warten brauchten sie nicht, denn der Burghof war gut sortiert und in der Zehntscheuer warteten bereits Leute, die genau wussten, wohin was zu lagern war. Nur das Säckchen mit den Perlen sollten die Burschen nicht selbst verräumen, sondern übergaben es einer alten Dame, die langsam und vorsichtig damit zum Palas wanderte. Das musste die Mutter des Barons sein.
Als sie fertig waren, wurde ihnen einer der Dörfler gewiesen, bei dem sie die Ochsenwagen unterstellen konnten. Am kommenden Morgen sollten sie sich dann zu Sonnenaufgang auf dem Burghof einfinden. Aufgeregt machten sich die Halbstarken von dannen und gingen ihrer Wege. Kaum einer von ihnen war jemals so weit von zuhause fort gewesen, und schon gar keiner ohne die Eltern! Neugierig machten sie sich auf die Stadt außerhalb der Burg zu erkunden und stellten beinahe enttäuscht fest, dass es auch nicht viel mehr war, als ein größerer Fluss und einige Häuser mehr als zuhause. Doch der Efferd-Tempel übte eine gewisse Faszination auf sie aus, wie der Fluss unter dem Gebäude hindurch floss. Schnell fanden sich auch einige Gleichaltrige, die ebenfalls zu den Wehrübungen scheinbar aus der ganzen Baronie zusammen gekommen waren. Einige Gruppen hatten aber wegen der längeren Reise dann doch noch den einen oder anderen Erwachsenen dabei.
Schnell verbreitete sich eine Stimmung ähnlich der eines Volksfestes und manche meinten, dass es in der Baronie das größte jährliche Treffen sei, um alte Bekannte mal wieder zu treffen, wie es schien. Jeder hatte hier irgendwelche Freunde und Verwandte, so dass niemand unter freiem Himmel schlafen musste, denn zumindest einen Platz im Stroh war immer noch irgendwo frei.
Am nächsten Morgen waren alle pünktlich auf dem Hof und der alte Rondrageweihte blickte aus funkelnden Augen über die jugendlichen Bauersleute. Alt war er geworden, hatte die Hoffnung fast aufgegeben, noch in der Schlacht zu fallen. Doch diese Burschen und Mädels waren der Grund, warum er nicht verzagte. Ihnen konnte er das Streiten für die rechte Sache lehren, und wenn es nur genug war, ein paar Hiebe länger durchzuhalten. Nach einer kurzen Ansprache und dem Segen der donnernden Leuin begannen sie mit Übungen. Nur wenige Pausen legte der Alte ein, und meist nur, um den Jüngeren den einen oder anderen Hieb oder eine Verteidigung zu zeigen. Drei Tage dauerten die Lehrstunden, von der Morgendämmerung bis zum Abendrot. Kaum einer der Angereisten blieb dann noch länger als bis zum Abendbrot wach, doch wanderten schließlich alle mit ihren Wagen zufrieden nach Hause.
Bittstellung um einen Traviabund
Gwynna Olpurga von Eychgras saß in der Küche der kleinen Innocensier-Abtei zu Eychgras und putzte Gemüse. Neben ihr saß die jüngere Schwester im Glauben Barmhilde, die sich um die Entsteinung frischen Obstes zum Einkochen kümmerte. Die jüngere schaute immer wieder zur älteren Geweihten hinüber, sagte aber schon seit geraumer Zeit nichts. Über dieses Verhalten wunderte sich Gwynna schon lange nicht mehr, war das doch eine Angewohnheit, die Barmhilde schon als Kind eigen war. Wenn sie es nicht mehr aushielt, würde sie schon etwas sagen.
Diesmal dauerte es nur etwa 1 Stundenglas, bis die jüngere Geweihte unruhig auf ihrem Schemel hin und her rutschte und sich fast in den Finger schnitt, weil sie nicht mehr auf das schaute, was sie zu tun hatte. "Schwester Gwynna, darf ich um einen Rat bitten?" Mit anchsichtigem Schmunzeln schaute die ältere Geweihte auf, legte das Messer demonstrativ zur Seite, mit dem sie gerade Rüben geputzt hatte, und blickte die andere Frau direkt an. "Warum heute so förmlich Barmhild? Ich kenne dich, seit du mit sechs Jahren hierher gekommen bist. Sprich frei heraus!" Seufzend schaute Barmhild zu Boden, um ihre sich rötenden Wangen zu verbergen, die ihr Gesicht immer ein wenig runder wirken ließ.
"Mein Bruder, also den jüngeren meine ich, der hat mich bei seinem letzten Besuch auf dem Markt gefragt, ob ich nicht jemanden wüsste, mit dem er den Traviakreis beschreiten könne. Bulwarth möchte so gern endlich auf eigenen Füßen stehen und vom Hof meines älteren Bruders Owilmar fort. Aber er traut sich nicht recht, die Damenwelt auf seinen Heiratswillen anzusprechen. Er ist jetzt immerhin auch schon bald 30 Götterläufe und hatte noch nie ein rechtes Liebchen, dem er den Hof gemacht hätte. Alle haben sie Furcht, glaubt er, dass er eine Braut für seinen Bruder sucht. Wie kann ich denn dem jüngeren eine Braut anempfehlen, wenn Vater und ich doch vergeblich nach einer Braut für den älteren suchen?" Mit einem Seufzen schloss sie ihre Rede und schaute die Ältere Geweihte erwartungsfroh an. Sie wusste, dass sie bei anderen genau diesen Fragen stets souverän und bestimmt antworten konnte. Aber so sehr ihr die Erfahrung der letzten 30 Jahre in diesem Tempel half, den Bauern und Bürgern des Umlandes mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, so war sie wie verloren, wenn es um ihre eigene Familie ging.
Düstere Schatten
Düstere Schatten — Briefspielreihe
Ledrige Schwingen
siehe Düstere Schatten - Ledrige Schwingen
Alte Knochen
siehe Düstere Schatten - Alte Knochen
Kaltes Blut
siehe Düstere Schatten - Kaltes Blut
Haariges Entsetzen
Waldalriksrode in der Baronie Wehrfelde, Tsa 1036 BF
Es dämmerte bereits und Nebel zog aus dem Wald heran. Die Dörfler eilten sich, um ihr Tagesgeschäft zu beenden. Die Hühner und Gänse wurden in die Ställe getrieben, Werkzeuge wurden in die Schuppen gebracht. Die Kinder waren bereits in den Häusern an diesen langen Tagen. Fest wurden die Fenster und Türen verriegelt, um die Geheimnisse des Reichsforstes dort zu belassen.
War der Wald sonst sehr ergiebig und hell gewesen, wurde es zur Zeit immer unheimlicher. Sicher konnte man bei Tage noch immer Holz schlagen und die Aufforstungen hegen, aber des Abends eilte man schnell zurück zu den Weilern. Selbst die Köhler blieben nun immer mindestens zu dritt am Meiler auf Nachtwache.
Angefangen hatte es, nachdem der alte Gronil, ein eigenbrödlerischer Jäger, der einige Wegstunden weiter im Wald wohnte, der Travinia aufgelauert und sie davongeschleppt hatte. Ein Dutzend Leute hatten sie gesucht, aber niemand konnte sie finden. Ein paar Tage später war das Mädchen völlig aufgelöst wieder ins Dorf gekommen, voller Schrammen, Beulen und blauer Flecke und kaum zu beruhigen. Wütend waren ihre Brüder und der Vater in den Wald gezogen, doch konnten sie nur die zerfetzte Leiche des Alten finden. Als sie zurück waren, erzählten sie von riesigen Wolfsspuren. Doch waren die Pranken des Tieres eher von der Größe eines Bären gewesen, aber sie waren sich einig, dass es Wolfsspuren waren.
In der folgenden Nacht hörte man lautes Geheul aus dem Wald. Alle Hunde des Dorfes spielten verrückt und bellten sich heiser. Kaum jemand fand in dieser Nacht auch nur einen Funken Schlaf. Wieder waren einige in den Wald gezogen, doch wegen des trockenen Wetters konnte man nichts finden. Ein paar graubraune Haare an einem Brombeerbusch und die Überreste eines gerissenen Rehs bestätigten aber zumindest, dass ein Wolf in der Nähe gewesen war. Die Köhler berichteten, dass ein Schatten, so groß wie ein Pferd, sich an ihrem Lager vorbei geschlichen hatte.
Seitdem kam der Nebel. Nicht jeden Abend, aber öfter als sonst. Rauchschwaden verdichteten sich und man meinte, rot glühende Augen aus dem diffusen Licht der Dämmerung blitzen zu sehen. Immer wieder behauptete jemand, das sei nur, weil der Meiler im Wind stünde, aber dazu war zu wenig Holzgeruch in den weißen, dichten Schwaden. Immer wieder wurde ein großer Schatten gesehen. Die umliegenden Weiler berichteten das genauso wie die Dörfler selbst. Hatte man den Wald erzürnt? Wollten die Mären ihre Hände nach diesem Stück Land ausstrecken und es sich zurückerobern?
Knut war nur eben Wasser lassen, während Sigil und Greifwin am Meiler warteten. Sie wollten nur einmal eine Runde um den Hügel drehen und ihn dann hier wieder einsammeln. Jederzeit konnte er nach ihnen rufen, denn weit war das ja nicht. Ein paar Schritte machte er in den Wald hinein und drehte sich an einen Baum, während er an seinen Beinkleidern nestelte. Erleichterung machte sich in ihm breit und er hatte die Augen geschlossen. Plötzlich erklang hinter ihm ein Knacken und ein tiefes Grollen. Erst wusste der Mann nichts damit anzufangen, doch dann stellten sich seine Nackenhaare auf, während er sich langsam umdrehte. Rauch und Nebel hatten ihn eingehüllt und ein riesiger Wolf stand nur wenige Meter von ihm entfernt und knurrte ihn an. Schreiend lief er los, doch schlug er fast sofort hin, da seine Hose noch an den Knöcheln hing. Sein Schrei gellte zur Köhlerhütte hinüber, in der die anderen nur dichter zusammenrückten. Erst ein Stundenglas später, als die drei nicht wieder zur Hütte gekommen waren, brachen drei weitere auf, um den Meiler zu prüfen. Von den drei jungen Männern aber fand man nur noch blutige Spuren im Wald. Die Leiber blieben verschwunden.
Nasses Bett
Zalgomühlen im Firun 1037 BF
Immer schon war Odil früh aufgestanden und hatte erst einmal die Ruhe in der alten Wasserburg genossen. Hier in Zalgomühlen schaute er statt dessen eine Weile von der Küche aus auf den Graben. Hier war bereits geschäftiges Treiben und die Vorbereitungen des Tages waren in vollem Gange, doch den alten Kammerdiener ließ man in Ruhe. Bis er zur gewohnten Zeit zu seinem Baron ging und ihm das Frühstück brachte. Immer wieder seufzte er, wenn er allein war, dass es ihm früher einfach leichter von der Hand ging, denn Herrschaften zu Diensten zu sein. Besonders mit dem alten Baron, Boron sei seiner Seele gnädig, war er gut ausgekommen. Jeder kannte seinen Platz. Aber seit der kleine Tyrian selbst das Amt seines Vaters übernommen hatte, war es nicht einfacher geworden. Und mit jedem Morgen wurde es schwerer, die müden Knochen zu einem weiteren Tag ehrbarer Arbeit zu überreden. Aber es nutzte nichts und er wollte sich nicht beschweren. Immerhin hatte er meist noch ein trockenes Plätzchen, an dem er schlafen durfte, und musste sich nicht an seinen Sohn wenden und ihn um ein stilles Kämmerlein und ein wenig Suppe als Alterssitz bitten.
Heute aber war alles noch ein wenig schlechter als sonst. Nicht nur seine Knochen wurden einfach nicht warm, sondern auch sein Blick schien ihm trüber als sonst. Als dann noch ein Bursche aus dem Dorf schon gerannt kam, bevor die Sonne über den Horizont gestiegen war, weil der Mühlweiher gekippt war - und das im Winter! - , konnte es kein guter Tag mehr werden. Mal sehen, wie sich der Baron darum kümmern würde. Aber es konnte nur einen Haufen Arbeit für alle bedeuten.
Als Baron Tyrian sich den Weiher genauer ansah, runzelte er die Stirn. Das im Winter sonst immer saubere Wasser war braun vor Schlamm und Dreck. Algen und Wasserpflanzen trieben auf dem Teich, die eigentlich in den tieferen Schichten wachsen sollten. Einige Fische schwammen bäuchlings an der Oberfläche. Alle Wasservögel waren entweder aufgeflogen, zum Burggraben umgezogen oder beschwerten sich laut schnatternd über die ungewohnte Aufmerksamkeit. Das halbe Dorf hatte sich inzwischen am Weiher zusammen gefunden, doch der Baron hielt die hinter vorgehaltener Hand getätigten wilden Spekulationen über Feen, Kobolde und Teichnecker für dummes Geschwätz.
"Hört mit dem Geschnatter auf!" raunzte er die Leute an. "Es reicht doch, wenn die Gänse das tun, da müsst ihr euch nicht noch beteiligen. Macht euch lieber nützlich und öffnet den Ausfluss. Lasst das ganze Wasser ab und sammelt die toten Viecher raus. Wollen doch mal sehen, was da los ist." Am schlammigen Ufer waren Schleifspuren und Abdrücke eines großen, schweren Gegenstandes zu sehen. Aber niemand konnte entdecken, was da rausgeholt wurde und in welche Richtung es geblieben war.
Einige Zeit später war das Wasser bis auf wenige Finger Höhe abgelassen. Am Grund des Weihers machten die Dörfler eine weitere Entdeckung: dort lag ein altes Fundament. Doch prangte in dessen Fugen ein großes Loch, wo Wasserpflanzen weggeschnitten und etwas herausgebrochen worden war. Es schien so, als habe jemand oder etwas die fehlenden Felsbrocken an den Rand des Mühlweihers geschoben und war dann einfach verschwunden. "Als könnten Steine fliegen.", brummte Tyrian missmutig vor sich hin und schaute einmal in Richtung des Horizontes.