Geschichten:Perricum - Die Nebachoten sind weg
Die Landvögtin von Perrinmarsch, des direkten Umlandes Perricums, Maia von Perricum war eine gestandene Frau mittlerer Jahre, die schon viel erlebt und gesehen hatte und die nichts so leicht aus der Bahn warf. Heute jedoch eilte sie aufgeregt durch die Gänge des Gutes Marschenhof. Hier auf der Feste nahe Perricums hatte sich Rimiona Paligan zurückgezogen, nachdem sie die Regentschaft der Edelgrafschaft in Rondrigans Hände gelegt hatte.
Die Vögtin nahm sich nicht einmal die Zeit sich umzuziehen, oder frisch zu machen, dafür war die ansonsten stets ruhig und besonnene Frau viel zu aufgeregt. Rimiona hatte sie in die Grafschaft entsendet, damit sie herausfinden sollte, wieso die Trommeln der Nebachoten, die derer 9 Tage unaufhaltsam getrommelt hatten, nun auf einmal schwiegen. Befürchtungen, dass der Kriegsfürst der garetischen Tulamiden die Seinen versammelten hatten, um eventuell gen Perricum zu ziehen, drohten nun wahr zu werden.
Die Wachen hatten Maia bereits angekündigt und so verwunderte es die Landvögtin nicht, dass sie von Rimiona bereits erwartet wurde. Doch während die Grafengroßmutter sich gerade erhob und Maia von Perricum nach allen Regeln des Protokolls begrüßen wollte, eilte diese gerade seitwärts auf einen kleinen Tisch zu, auf denen mehrere hochprozentige Getränke standen.
Geschickt griff sie sich eine Flasche des hiesigen Obstlers, füllte sich ein Glas und trank dieses in einem Zug aus. Erst nachdem sie diesen Vorgang nochmals wiederholt hatte, drehte sie sich wieder zu Rimiona um. Diese schaute ihre Vögtin recht skeptisch an und stand im Zwiespalt mit sich selbst, ob sie nach dem Heiler, dem Noioniten oder den Wachen rufen sollte.
"Verzeiht," begrüßte Maia schließlich Rimiona, "aber ich bringe schlimme Kunde."
"So, nach Eurem Verhalten zu urteilen, scheinen jetzt nicht nur die Darpaten über den Fluß zu setzen. Kommt und setzt Euch!"
Die Vögtin tat wie ihr geheißen. Sie überhörte die derbe Anspielung Rimionas geflissentlich und nahm sich stattdessen die Flasche Obstler mit.
"Nun, welch schlimme Kunde bring Ihr mir, die Euch so neben Euch stehen lässt?" Die ältere Frau musterte die Vögtin aufmerksam und registrierte, sehr zu ihrem Missfallen, dass sich Maia gerade wieder ihr Glas füllte.
"Sie sind weg, Eure Edelhochgeboren. Alle sind sie weg!"
"Wer ist weg? Wen meint ihr? Drückt Euch etwas genauer aus!"
Maia von Perricum hatte gerade ihr Glas wieder gelehrt und wischte sich ihren Mund an einem ihrer Ärmel ab.
"Na die Nebachoten. Seine Hochgeboren von Brendiltal und nahezu 300 seiner Reiter sind weg."
Besorgt darum, was der ungestüme Nebachotenfürst mit seinen Kriegern vorhatte, wollte Rimiona wissen, ob der Brendiltaler nur einen Teil seiner eigenen Krieger, oder auch der anderen mitgenommen hat.
"Und wie sieht es mit dem Baron von Haselhain und seinen Mannen aus?"
"Auch weg, mit ebenfalls 300 Kriegern." Ein weiteres Glas wurde von der Landvögtin geleert. Die Flasche drohte bald den Kampf um den schmackhaften Inhalt zu verlieren.
"Und die Krek Awar?"
"Weg, mit 100 Kriegern."
"Was ist mit Bey Dscherid und seinen Kriegern vom Stamme der Chor'ibin? Sie leben gänzlich auf aranischem Gebiet."
Maia leerte auch das nächste Glas mit einem Zug, bevor sie kopfschüttelnd antwortete. "Mit 200."
Nachdenklich erhob sich Rimiona und ging das Gehörte nochmals für sich durch. Dabei bemerkte sie nicht, dass Maia sich ebenfalls erhob und etwas schwankend zu dem Tisch mit den Getränken rüber ging. Ihre erste Flasche war bereits leer und sie versuchte ihre Befürchtungen im Alkohol zu ertränken. Es war nicht auszudenken, was die Nebachoten mit 900 berittenen Kriegern hier in der Grafschaft anrichten konnten, sollten sie sich gegen Perricum wenden.
"Seltsam," sprach Rimiona immer noch zu sich mehr zu sich selbst, denn zur Vögtin, "aus dem Süden hörte ich ebenfalls, dass die dortigen Krieger der 5 Stämme der Baburen aufgebrochen seien und sich irgendwo sammelten. Möglich, dass sich alle 9 Stämme der Baburen und Nebachoten vereinigen, auch wenn dies seit nahezu 1900 Jahren nicht geschehen ist."
Ein heftiger Rums ließ die Gräfinengroßmutter herum fahren. Mit hochgezogener Augenbraue stellte sie fest, dass Maia ausgestreckt auf dem Boden lag. Das eben Gehörte und der Alkohol waren zu viel für die ansonsten so standfeste Frau gewesen.
Beiläufig ließ Rimiona, als sie mit einem großen Schritt über die Landvögtin hinweg stieg nach der Dienerschaft rufen, die sich um die Maia kümmern sollten. Sie musste herausfinden, was die Nebachoten vor hatten. Vielleicht deutete es ja aber auch darauf hin, dass ihr Unternehmen für ihren Sohn Erfolg hatte ...
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