Geschichten:Mersinger Familienrat 1033 BF - Familienstreit
Unterdessen war der Blick Sagintas von Mees-Mersingen nachdenklich über die Mitglieder des Rats hinweg geglitten. Zwischen all der Jugend und vornehmen Blässe hätte die Edle von Westhang deplatziert wirken können, denn man sah ihr nicht nur das aranische Erbe deutlich an. Ihre aufrechte Haltung aber und der durchdringende Blick passten ganz hervorragend in die Runde. Die Perricumerin wider Willen war für ihre spitze Zunge ebenso gefürchtet wie für ihren wachen Verstand – dabei war sie zwar in die Jahre gekommen, doch schien sie das kein bisschen weicher zu machen.
Dem Treffen wohnte sie fürs Erste schweigend bei, ließ den Blick wandern, musterte den Tölpel, der so übereifrig vorangestürmt war, mit einem kühlen Lächeln, verweilte sich hernach einen Moment bei Glyranas Bauch und den kohlschwarzen Fingernägeln, nur um ihr Augenmerk schließlich auf Ernbrecht zu richten.
Syrenia erspähte wiederum justament in diesem Herzschlag die Edle Saginta – froh, doch noch ihren Zorn kühlen zu dürfen. Denn auch wenn ihr die aufmunternde Geste ihres Vaters Gisborn nicht entgangen war, sie wusste selbst nur zu gut, dass es sich bei ihrem Gemahl um keinen vollwertigen Mersingen handelte. Klagen über Bishdarielons Nicht-Einladung wären da völlig zwecklos gewesen. Baron Alrik Tsalind von Unter-Friedwang hätte der derzeitigen Ganerbenschaft, der gemeinsamen Verwaltung des Lehens Friedwang, niemals zugestimmt, wenn sein Zwillingsbruder aus der kleinen, aber ungemein stolzen Landadelsfamilie derer von Friedwang-Glimmerdieck ausgetreten wäre. Sei´s drum, sie würde den Namenlosen tun und ihre Zurückweisung hier vor der werten „familia“ auch noch herausposaunen. Feinde, Todfeinde, Verwandte – der gehässige Al´Anfaner Grandenspruch kam ihr in den Sinn. Al´Anfa. Noch so ein Reizthema…
Bishdarielon, Baron in Oberfriedwang, Edler zu Senkenthal auf Suunkdal, Ritter des Ordens des Heiligen Golgari war jahrelang Mitglied der Rabengarde des Erzketzers Amir gewesen. Vor seinem, nun ja, Überlaufen in die einzig und alleinig wahre, in die Puniner Kirche des Schweigsamen. Kein Freund der Pestbeule, das wahrlich nicht, aber wer Jahrelang Tür an Tür mit der nemekathäischen Pestilenz gelebt hatte, dem schlug unter den „Gesunden“, sprich Rechtgläubigen, nun einmal wenig Vertrauen entgegen. Wie ein dunkler Schatten lag dieser Makel seither über Bishdarielon, dem Golgariten mit den zwei Gesichtern: Einer sehr bunten und einer äußerst düsteren Gestalt. Nur gut, dass ihr jetzt die Mees-Mersingen ins Blickfeld geriet, wie ein stolzer Wüstengalan vor das Visier eines Ballästers.
„Saginta“ – der Name allein klang aus Syrenias Mund wie ein Peitschenhieb. „Saginta Jamilha. Falls du deine Tochter Mirella wieder einmal sehen solltest, da oben in Rappenfluhe bei ihrer geliebten Pferdezucht und sicherlich manch gutem Tröpfchen….sag ihr, die Lucrannsender sollen endlich ihre schmutzigen Waldschratfinger von meinen Bauern lassen. Sie weiß schon wo: Rund um den einstigen Karrerhof, wo nun unsere Wasserburg Suunkdal entsteht. Es sind Senkenthaler Weiden, auf denen ihr Vieh fett wird, Senkenthaler Äcker, von denen ihre Wühlmäuse fressen, es ist unser Lehm, mit dem sie ihre krummen Hütten bauen und ganz gewiss nicht ihre Wald, den sie roden und in dem sie wildern wie die Goblins. Sag ihr, Burg Suunkdal wird fertig gestellt, da kann sich dieser Bauerntölpel Harmwulf noch so aufblasen, ihr schurkischer Verwalter…Es ist ungeheuerlich!“ Sie klopfte aufgeregt auf das uralte, rissige Tischholz. „Mein Gemahl, ich und Mirl sind jetzt quasi Nachbarn, ich dachte, die ständigen Querelen und Grenzstreitigkeiten um den Karrerhof wären damit bereinigt, und dennoch gibt es nichts als Ärger. Burg Suunkdal wird, nebenbei bemerkt, einmal dem Schutz des Senkenthaler Boronangers dienen, ein großer Friedhof, der dem Orden der Golgariten schon heute gutes Silber einbringt…Ach ja, und frag sie, wann Harmwulfs Büttel endlich Prähnskaten zu verlassen gedenken, wo sie sich seit vielen Jahren widerrechtlich einquartiert haben…“ Syrenia lehnte sich zurück, die Arme trotzig verschränkt. Soweit zum Thema Mersinger Meisterpläne, dachte sie sarkastisch.
Langsam löste die Perricumer Edle ihr Augenmerk von Ernbrecht und ließ es dann noch langsamer zu der kratzbürstigen Oberfriedwangin hinüber gleiten. Für einen Moment musterte sie das junge Ding mit eisigem Blick und einer Miene, die nur zu deutlich erahnen ließ, dass sie seinem Gekeife nicht mehr Bedeutung beimaß als dem unartikulierten Geplärr eines greinenden Säuglings. Oft schon hatte die Mees-Mersingen anklingen lassen, dass sie das hitzige Blut der Jugend in einem Rat, der über wichtige Dinge zu befinden hatte, für fehl am Platze hielt. Doch hatte man ihr die Geringschätzung selten so gut ansehen können wie jetzt. Kurz funkelten ihre Augen zornig, doch dann eroberte ein zuckersüßes Lächeln die Lippen der alten Dame.
“Syrenia”, zwitscherte sie mit seidiger Stimme, “Ich kann mich nicht erinnern, Euch je das ‘du’ angeboten zu haben – und möchte es dabei belassen.” Sie hielt inne und griff mit großer Geste nach ihrem Weinpokal, während sie den Blick der deutlich jüngeren Verwandten suchte. “Was nun meine Tochter betrifft, so werdet Ihr schon selbst das Gespräch mit Ihr suchen müssen. Weder habe ich Einfluss auf Ihr Verhalten – immerhin ist sie eine erwachsene, bald verheiratete Frau – noch bin ich Eure Botin.” Mit unbewegtem Gesichtsausdruck lehnte sie sich wieder in ihrem Stuhl zurück. “Als Baronin solltet Ihr in der Lage und willens sein, die Situation in Eurem Lehnsland selbst unter Kontrolle zu bringen. Alles andere wäre nicht gerade ein Zeichen von Stärke, derer es in der Wildermark aber doch gegenwärtig dringend bedarf, nicht wahr?” Das Lächeln der Mersingerin wurde noch geringschätziger. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie der jungen Friedwangin die nötige Stärke nicht zutraute.
“Und wenn Ihr dieses Gespräch tatsächlich weiter vertiefen wollt, Syrenia, würde ich wärmstens empfehlen, dass Ihr Euren Ton mäßigt. Einer hübschen Frau von hochadeligem Geblüt stellt es ein schlechtes Zeugnis aus, mit Gift um sich zu spritzen, wo einige geschickt platzierte Worte durchschlagendere Wirkung haben könnten. Ihr seid jung, aber nicht so jung, dass man dieses Maß an Anstand nicht von Euch erwarten dürfte.”
Syrenia schluckte, ertappte sich für einen Herzschlag dabei, wie sie zu ihrem Vater Gisborn spähte. Nein, ihr Stolz ließ es nicht zu, sich hinter ihm zu verstecken. Andererseits spürte sie, dass er keinen echten Eklat wünschte. Also lächelte sie zurück, so „warm“ und „freundlich“ wie Eisschollen in der Brecheisbucht bei einem Schneesturm Mitte Firun. „Verzeiht, werte Saginta“. Die Worte tropften gleich ätzender Säure, mit denen ein Harnischmacher eine stählerne Rüstung verzierte, von ihren Lippen. „Gewiss schulde ich Euch, Euer Wohlgeboren “ (als formal Ranghöhere betonte sie diese Anreden übertrieben) „und Eurem Alter“ (eine kleine Kunstpause, in der jeder, der zuhörte, ermessen konnte, wie drachenalt die Westhang in den Augen der jungen Adeligen bereits war) „den nötigen Respekt. Womöglich war es einfach nur der Wein, der euch meine ernste Besorgnis über diesen Nachbarschaftsstreit missverstehen und überreagieren ließ…“ Die junge Baronin blickte scheinbar pikiert auf den Weinpokal in Sagintas Fingern, als würde sich ihr gegenüber gerade Kaiserin Cella höchstpersönlich voll laufen lassen.
„Allein der Zorn hat meine Zunge beflügelt. Zorn über die Missachtung von Praios Recht und Gesetz, der wir all das Chaos, die Not und das Elend in der Wildermark erst verdanken. Für das respektlose Verhalten der Lehnsleute Eurer Tochter könnt Ihr nichts, und ganz offenkundig ist Mirl nicht stark genug, dem schändlichen Treiben ihrer Bauern Einhalt zu gebieten. Wie auch, von Rappenfluhe aus…“ Sie winkte den Mundschenk herbei. „Was meint Ihr eigentlich mit Zeichen von Stärke? Schwächere zu Boden zu werfen erntet keinen Ruhm. Glaubt mir, es wäre meinem Gemahl äußerst unangenehm, den Roten Hahn auf die Dächer von Lucranns End setzen zu müssen, immerhin gehört das Dörfchen einer seiner Verwandten.“ Syrenia sah kurz in die Runde. Leider hatte offenbar niemand das schöne Wortspiel verstanden (war der rote Hahn doch zugleich das Wappentier ihres Gemahls). Ebenso wenig wie den Wink, was Bishdarielon und seine „Verwandtschaft“ anging. Tja, und leider hat mein Schwager, Baron Alrik, schon deutlich gemacht, dass er eine offene Fehde um Lucranns End niemals dulden würde, dachte sie mit Bedauern. Eher würde er selbst den Bruderkrieg anfangen. Was wohl an den Gerüchten dran war, dass der durchtriebene Streunerbaron und Mirl mal was miteinander…?
Egal. Nüchtern betrachtet, musste sie dieser Perricumer Matrone fast schon Recht geben. Baron Alrik Tsalind hatte seinem Bruder den Flickerlteppich namens Oberfriedwang nur übereignet, um ihn dort mit unlösbaren Problemen zu konfrontieren, zwischen all diesen rebellischen Bauern, übermächtigen Vasallen und ketzerischen Sokramor-Anbetern…. Kurz gesagt: Um ihn kalt zu stellen. Oberfriedwang, Niederfriedwang, Ganerbenschaft, gemeinsame Herrschaft der Zwillingsbrüder über das Lehen – was für ein Eiertanz. Eigentlich war Syrenia nur auf dem Pergament Baronin. Und damit schloss sich der Dämonenkreis wieder. Bishdarielon war eine Partie, die sich, zumindest im Augenblick, für sie nicht auszahlte. In der Schwarzen Sichel ebenso wenig wie hier auf der Weidleth.
„Als Ritter des Heiligen Golgari hat er zudem Besseres zu tun, als den ganzen lieben Tag aufsässigen Bauern aufs Haupt zu schlagen. Genug davon. Vergessen ist ein Geschenk des Herrn Boron und somit auch eine Tugend unseres Hauses.“
Die Baronin ließ sich von dem herbeigeeilten Knappen einschenken. „Vergessen wirs also“, sagte sie lapidar und großmütig, als habe Saginta den Streit begonnen. „Wir haben uns doch eigentlich hier versammelt, weil unsere Familie beleidigt wurde, nicht, um uns selbst gegenseitig Schmähworte an den Kopf zu werfen.“ Syrenia hob den randvollen Becher, hielt ihn der Edlen von Westhang entgegen. „Trinken wir also auf die unverbrüchliche Einheit des Hauses Mersingen – in Friedwang und anderswo?“
“Ein Zeichen von Stärke wäre es, diesen Konflikt aus der Welt zu schaffen, ohne dabei zu profanen Mitteln wie körperlicher Gewalt greifen zu müssen. Ein guter Herrscher hat derlei nicht nötig”, mit unvergleichlicher Grandezza ging Saginta über die Sticheleien der Friedwangin hinweg. Allein als die Rede auf ihr Alter kam, funkelten die Augen der Halbaranierin für einen Moment gefährlich auf. “Außerdem wage ich zu bezweifeln, dass Mirella ihre Lehnsleute nicht im Griff hat, das wäre das erste Mal”, eine dreiste Lüge, aber wer außer ihr wusste das schon, “Wäre ein Ordnungsruf ihres Lehnsherrn ergangen, hätte sie sich der Sache längst angenommen und für Abhilfe gesorgt. So aber werdet Ihr die Lösung des Problems persönlich vorantreiben müssen, Hochgeboren.” Kühl nickte die Westhangerin ihrer jungen Verwandten zu und hob dann den Weinkelch: “Und im Übrigen: Auf die unverbrüchliche Einheit – allenthalben.”
Yolande hob die Hand um dem verbalen Schlagabtausche Einhalt zu gebieten. „Auch wenn solcherlei Grenzprobleme lästig sein mögen, so ist dies kein Platz für Hader untereinander.“ Deutlich war der Dame die Verstimmung anzumerken. Ihre Stimme wurde schneidend. „Einigkeit soll an dieser Tafel herrschen. Alles andere gereicht uns nicht zum Vorteil.“
Sie wandte sich an ihre Nichte. „Ihr werdet sicher einen Weg finden, um Euch bei Eurer Vasallin Gehör zu verschaffen, wie auch diese Angelegenheit zu einem für beide Seiten akzeptablen Ende zu bringen. Vergesst nicht mit wem Ihr es zu tun habt. Wohlgeboren Mirl ist von Euerem Blute. Verhaltet Euch entsprechend.“ Sie blickte zu Sagnita hinüber. „Gleichwohl Mirl erwachsen ist, so ist sie dennoch Eure Tochter, Wohlgeboren. Sie wird als gute Tochter also Eurem Rat folgen. Dies ist in unser aller Interesse. Zwietracht dient nur unseren Gegnern. Wirkt eingedenk dieser Umstände auf sie ein.“ Ihre linke Braue hob sich sachte über ihren lauernden Augen.
Saginta quittierte die Worte der Hausherrin mit einem knappen Nicken. Die Sache schien für sie erledigt zu sein. Ein wenig verwunderlich war das schon, hatte die Edle weniger unbedachte Worte in der Vergangenheit doch bereits mit weit drastischeren Maßnahmen geahndet. Fast schien es, als würde sie ihre junge Verwandte nicht für voll nehmen und daher großzügig über deren Anfeindungen hinwegsehen. Darauf ließ auch die Ruhe in ihrer Stimme schließen, als sie sich direkt an Yolande wandte.
“So sei es”, meinte sie bestimmt, “Indessen gibt es aus Perricum nicht viel Neues zu berichten. Die Nebachoten ergehen sich nach wie vor in fruchtlosen Männerphantasien, derweil der raulsche Adel seine Zurückhaltung wahrt und nicht merkt, dass er so keinen Einfluss auf das Bild nehmen kann, das die Markgrafschaft nach außen hin vermittelt.” Unzufrieden rümpfte die Mees-Mersingen ihre Nase. “Sie haben unlängst eine Einheit aus Streitern von beiden Seiten des Darpat gegründet und hoffen, dass dadurch zusammenwächst, was unbedingt zusammenwachsen soll. Zur Rittmeisterin wurde eine Darpatierin gemacht, die es eben noch so geschafft hat, nicht zum zweiten Male Mutter eines Bankerts zu werden. Doch das wird kaum neu für Euch sein?”
Sie warf Yolanda einen fragenden Blick zu und fuhr fort, nachdem diese huldvoll genickt hatte. “Es gibt zudem Gerüchte über einen mächtigen Schmugglerring und fehlgeleitete Gläubige, mit denen ich Euch erst behelligen will, wenn ich Genaueres weiß. Bis dahin habe ich nicht mehr zu verkünden, als dass die Tochter meines verstorbenen Bruders Goldan Aurentian von Mersingen zur Kanzlerin der Weidener Grafschaft Baliho erhoben wurde.” Nicht ganz ohne Stolz sprach die alte Edle diese Worte und warf einen aufmerksamen Blick in die Runde. “Nicht dass die Bärenlande in letzter Zeit eine wichtige Rolle für uns gespielt hätten, doch kann es sicher nicht schaden, dort nach dem Tod des Marschalls wieder jemanden aus unserem Haus in verantwortlicher Position zu haben.”
Marbian war anfangs hoch erfreut hier zu sein, gab ihm der Familienrat doch die Gelegenheit aus dem Knappen Alltag auszubrechen. Die Übungen im Kloster und das für seine Verhältnisse karge Essen haben ihm bereits in den letzten Wochen einige Stein leichter werden lassen, doch immer noch war er sehr untersetzt und wirkte in dem Wappenrock der Golgariten nicht wie ein mysteriöser Ordenskrieger. Egal was er tat, man konnte in ihm immer noch den Armeekoch ausmachen, der er vor wenigen Monden noch war. Sein Vater, Jandhold von Mersingen war wohl nicht erschienen. Na, wer kann es ihm verübeln? Wenn Marbian die Wahl zwischen der Zubereitung eines hügelzwergischen Rezepts und der Planung eines Meisterplanes entscheiden müsste, na, dann würde er sich wohl für Ersteres entscheiden. Aber was soll’s? dachte sich der Golgariten Knappe, mach das Beste draus. Marbian verschränkte seine Hände auf seinem Bauch und horchte der Konversation. Aufmerksamkeit studierte er die Gesichter seiner Verwandten. Es galt sich nun ein Bild zu machen und sich für das Gefecht zu wappnen. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.
Vorsichtig, fast etwas schüchtern meldete sich der dickliche Ordenskrieger zu Wort, stand auf und hob seinen Weinbecher. „Äh, die Zwölfe zum Gruße, werte Hochwohlgeboren. Habt Dank für die traviagefällige Bewirtung.“ Marbian verneigte sich leicht. Traviagefällig passte, denn satt hat das Essen ja wirklich gemacht. Aber der Geschmack…“ Vor seiner Ausbildung bei den Golgariten wäre das Essen hier gerade mal gehobene Mittelklasse gewesen. Die Cremesuppe war etwas sämig, die Bratensauce war leicht übersalzen und hätte noch eine kräftigere Weinnote vertragen. Von den Bornlandkartoffeln ganz zu Schweigen. Welcher Dilettant dort herangelassen wurde… Doch nach mehreren Wochen Golgariten-Verpflegung kam es ihm wie ein Festessen von seinem Vater persönlich vor.
„Mein Vater Jandhold lässt Euch allen Grüße ausrichten. Er wäre gerne hier gewesen, doch…äh…ist er leider geschäftlich in den Hügellanden unterwegs.“ Marbian versuchte zu lächeln und verschwieg besser, dass sein Vater es vorzog bei der hügelzwergischen Sippe Bratbecker, deren Geheim-Rezept der gefüllten Bratbecker-Gans auf koscher Weinsauce mit Rosinen und weidener Semmelknödeln zu erlernen, als an einem Mersinger-Meisterplan mitzuwirken.
Marbian hob mit einem Lächeln den Becher, prostete der Runde zu, trank einen sehr kräftigen Schluck und setzte sich dann wieder. Kurz nachdem er sich gesetzt hatte, blickte sich Marbian plötzlich etwas ängstlich um. Doch schien er die anderen Gäste gar nicht zu beachten…
„Dank deinem Vater für seine freundlichen Worte, und bestell ihm meine besten Glückwünsche, für die Ehre die ihm vom Almadaner Hof zu Teil wurde. Yolande nickte mehrmals. Ganz so, als würde sie die gehörten Informationen im Geiste abwiegen. Sie neigte den Kopf und blickte ihren Vetter Welfert an. „Fortschritte was die unsägliche Fehde mit der Feenwasser angeht“? wollte sie wissen.
„Gewiss, gewiss. Ich arbeite daran.“
„Ich erwarte Ergebnisse. Noch in diesem Mond, Welfert. Keine weiteren Verzögerungen, hast du mich verstanden?“
„Aber natürlich, liebste Base.“ Der eisige Blick, der jedem Firunmorgen den Rang ablief, mit dem sie ihn weiterhin schweigend bedachte wischte das spitzbübische aus seinem Gesicht. Er neigte verstehend das Haupt.
„In diesem Mond, mein Wort darauf."