Geschichten:Der uralte Bund (Vorspiel) - Im Phex-Tempel

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Phex-Tempel, Markt Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF:

Nach dem abendlichen Götterdienst traten Nurinai und Yolande an den Altar vor der Fuchsstatue heran. Die Statue stand auf einem Sockel, bestand aus einem annähernd menschlichen Torso und einen Fuchskopf. Vogtvikarin Eslamina Sternenkind wandte sich mit einem warmen Lächeln den beiden Frauen zu.
„Die Fuchsstatue, von der Ihr spracht, es existiert mehr als nur eine davon – und“, die Vogtvikarin machte eine Kunstpause, „alle sind auf die ein oder andere Weise beschädigt … vorsätzlich!! Eine Verbindung zur Gemeinschaft der Sterne besteht wie vermutet nicht direkt. Erstmalig sind sie vor ein paar Monden in Gareth aufgetaucht.“ Die junge Vogtvikarin legte ihren Kopf zur Seite und fokussierte die beiden Frauen. „Einen Gefallen für einen Gefallen, ganz im Sinne des Herrn Phex. Schreitet weiter den Pfad des Fuchses, um diesen Statuen auf die Schliche zu kommen und berichtet mir!“
Die beiden Frauen willigten ein. Auch würden sie unterrichtet werden, sollten weitere Fuchsstatuen auftauchen.

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Beherzt, aber auch ein wenig ratlos ließen Nurinai und Yolande die Rakull-Sakrale hinter sich. Wo sollten sie nur anfangen? Der nächste Hesinde-Tempel war viele Meilen entfernt. Da kam Yolande eine Idee.
„Narzisschen,“, sprudelte es auf einmal aus ihr heraus, „ich habe eine Idee. Im Kaiser-Hal-Park ist dieser Tage ein Bardentreffen. Also, wenn ich eine Hesinde-Geweihte wäre … .“
Nurinai schmunzelte liebevoll und schon machten sie die beiden Frauen auf den Weg. Der besagte Park – angelegt im Auftrag von Kaiser Hal – war nur wenige Schritte vom Phex-Tempel entfernt. Fackeln leuchteten den beiden den Weg hinein ins wildromantische Grün. Bäume und Büsche waren mit Lichtern und Windspielen geschmückt. Hier und da brannten kleine Feuerschalen und größere Lagerfeuer, um die sich Menschen versammelten, um den Darbietungen zu lauschen.
An einem der Feuer gab Geldar von Zweistätten, wohl einer der bekanntesten Barden des Königreiches, sein Können zum Besten. An seiner Seite die nicht weniger bekannte Lyrikerin Caldare von Falkenstein, die als politisch interessierte und spitzzüngige Dichterin berühmt und berüchtigt war. Untermalt wurden die Darbietungen überspitzt und gestenreich von Schaustellern und Gauklern. Die Stimmung war gelöst und befreit von der starren Etikette der Kaiserpfalz. Hier schien es, wurden die Standesgrenzen überwunden, zumindest für eine Nacht. Adel, Klerus und einfache Bürger standen einträchtig beieinander und wärmten sich an ein und demselben Feuer.
Nurinai und Yolande fragten den ein oder anderen andächtig Lauschenden nach Loderia Pilperquell und Canyraith von der Lohe. Bezüglich der Erstgenannten ernteten die beiden nur Kopfschütteln und Schulterzucken. Hier würde man Loderia nicht finden, aber womöglich in der Herberge 'Einhorngruß' oder im Gasthaus 'Silberfeder'. Doch zumindest Letztgenannte wurde von den Befragten gesichtet und den beiden Frauen wurde der Weg gewiesen.

Auf einem terrassenförmig angelegten Platz wurden sie schließlich fündig. Die Erzäbtissin des Draconiter-Erzhortes zu Gareth stand unweit eines Feuerkorbes in bester Gesellschaft, wie Nurinai bald feststellten musste. Gemeinsam mit Yurika Eorcaïdos von Aimar-Gor, der Prolocutorin des Hesinde-Klosters St. Ancilla – deren kurzgeschorene Haare einen bemerkenswerten Gegensatz zu ihren sehr sinnlichen Gesichtszügen bildete – und der etwas abseits stehenden, verträumt dreinschauenden Novizin Malveda von Vierok, lauschte die Dienerin der göttlichen Schlange den zauberhaften Klangen einer Harfe. Im Zentrum der theaterähnlichen Anlage, die von sechs Feuerschalen in ein diffus-mystisches Spiel aus Licht und Schatten getaucht wurde, spielte die weit über den Waldsteiner Grafenhof hinaus bekannte Harfnerin Rohalia Olinai von Feenwasser und entlockte ihrem Instrument Klänge und Melodien, die ihresgleichen suchten und alle Anwesenden mit ihrem Spiel in ihren Bann zog.
Als sich die verträumt-harmonischen Melodien in der Nacht verloren, brach rhythmischer, fast meditativer Applaus auf und alle Zuhörer fühlten sich auf eine besondere und seltsame Weise in ihrem Innersten berührt.

Nurinai und Yolande nutzten den Moment und traten gemächlich an Canyraith von der Lohe heran und diese zeigte mit einem freundlichen Nicken, die Beiden anzuhören. Die Boroni schilderte der Erzäbtissin wie sie zu der beschädigten Fuchsfigur kam und erkundigte sich nach einer möglichen Bedeutung. Die Hesinde-Geweihte, ihres Zeichens eine wahre Meisterin der Bildhauerei, hielt kurz inne und überlegte.
„Meine gute Freundin Loderia erzählte mir bei unserem letzten Treffen in Gareth von obskuren Fuchsstatuen, die offenbar absichtlich beschädigt wurden – welch schändliche Tat, auch wenn es sich offenkundig nur um Kunstwerke minderer Qualität handelte. Sie wollte Nachforschungen dazu anstellen und mir am heutigen Abend berichten. Doch ist sie nicht hier.“
„Soweit ich weiß, hat sie ein Zimmer in der Herberge 'Einhorngruß', auch wurde sie schon oft im Gasthaus 'Silberfeder' gesehen“, fügte Yurika Eorcaïdos von Aimar-Gor zu, die der Unterhaltung beigewohnt hatte.
„Was die Fuchsfährte betrifft“, entgegnete die Erzäbtissin, „so glaube ich, dass jemand bewusst eine Fährte auslegt. Doch scheint nichts zu sein, wie es uns das Mondlicht spiegelt.“
Nurinai und Yolande bedankten sich und überließen die Geweihten der Hesinde wieder den Darbietungen der Nacht. Ihre Aufgabe würde nun daraus bestehen, die besagte Loderia zu finden.

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Am nächsten Tag klapperten die beiden Frauen erst das Gasthaus 'Silberfeder' und anschließend die Herberge 'Einhorngruß' ab. Im ersten wurden sie nicht fündig. Im Einhorngruß begrüßte der Herbergsvater die beiden Frauen und erklärte ihnen den Weg zu Loderias Zimmer.
Vor der Tür angekommen, trafen die beiden einen jungen Mann, der gerade an die Tür klopfen wollte. Nurinai erinnerte sich dunkel an ihn. Er war in der Schänke 'Zum Goldenen Stiefel des Kaisers' der in Zivil gekleidete unter den Militaristen.