Geschichten:Mersinger Familienrat 1033 BF - Auftakt
Dramatis Personae:
- Yolande von Mersingen ä.H., Pfalzgräfin zu Weidleth] & Familienoberhaupt
- Hesine von Mersingen, Travia-Geweihte
Burg Weidleth, Travia 1033 BF
Wie immer war das Arbeitszimmer der Pfalzgräfin in schummriges Halblicht getaucht. Die wenigen Kerzen, die in edlen, aus Silber getriebenen Haltern steckten, vermochten den Raum nur unzureichend erhellen. Genau so, wie Yolande von Mersingen es mochte. Ein schmales, aber doch herzliches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Geweihte der Travia förmlich grüßte. „Travia mit Euch, Euer Gnaden. Auch wenn die Umstände wenig erbaulich sind, so freue ich mich doch, Euch nach langer Zeit wieder in diesen Mauern begrüßen zu dürfen.“
„Habt Dank für Eure freundlichen Worte, Hochwohlgeboren.“ Ein ernster Blick aus dunklen runden Augen belegte ihre Cousine. „Wie ist es meinem Begleiter ergangen?“
„Ihm geht es gut“, lautete ihre knappe Antwort.
Die Geweihte nickte zufrieden. „Wie wollt Ihr weiter verfahren?“
„Ich habe nach der restlichen Familie geschickt. Es gilt eine angemessene Reaktion zu finden, ist diese Entscheidung doch von enormer Begleitung für die zukünftige Ausrichtung unseres Hauses. Besonders in Hinblick auf die neueste Wendung.“ Sie reichte der Geweihten eine Pergamentrolle.
Ehe die Klerikerin die Zeilen überflog, blieb ihr Blick an dem schwarz-weißen Wappen kleben. Ihre Züge erstarrten einen Augenblick, ehe sie sich zusammennahm und das Schreiben entrollte. Nach einigen Momenten hob sie den Blick und starrte lange Zeit stumm auf die Pfalzgräfin. „Wollt Ihr dem wirklich entsprechen?“
„Meinen Zuträgern zufolge wird er die Fehde gewinnen. Und der verdammte Krämer hat eine Lektion verdient.“ Yolandes Züge verhärteten sich in unterschwelliger Wut.
Ein Anflug von Wehmut schlich über das Gesicht der Geweihten, derweil ihr Blick sich in der Vergangenheit verlor. „Travia ist nun mein Leben, Hochwohlgeboren. Ihr braucht keine Rücksicht auf mich zu nehmen. Ich bin sicher Ihr habt nur unser aller Wohl im Sinn.“
Ein dankbares Lächeln auf den Lippen, erhob sich Yolande. „Gut, nachdem das geklärt wäre, komm und erzähl mir vom Leben im Kloster, liebe Cousine“, wechselte sie in das vertrauliche Du. Zusammen verließen die Frauen das holzgetäfelte Zimmer und begaben sich in den Burghof.