Geschichten:Noch ein letztes Mal
Markgräfliches Gestüt, Perrinmarschen, Travia 1046 BF
Noch eine letzte krakelige Zeile. Brendil war nicht zufrieden, sein Werk war nicht fertig. Aber er hatte das Gefühl, dass die Zeit drängte. Der Markgraf würde hier bald alles umwerfen, es gab Gerüchte und eine dieser Hofschranzen hatte ihm jovial lächelnd gesteckt, dass die Wetten gegen ihn als Stallmeister im Sternenhort schlecht liefen, aber vermutlich musste diese Schranze sich selbst nur davon ablenken, dass ihre Tage hier ebenso gezählt waren.
Noch ein letzter Schluck. Diesen tiefdunklen, aranischen Roten hatte er auf dem Schwarzmarkt erstanden, er müsste damit endlich aufhören, wenn er seine Lieblinge noch weiterhin behüten wollte, das war die einzige Chance. Niemand anderes kannte sie so gut wie er, andere würden sie nicht gut behandeln, diese edelsten der Perricumer Pferde. Er müsste das verhindern, er schuldete es ihnen. Er wurde traurig und wütend, also nahm er doch noch einen letzten Schluck, das stillte die Schmerzen seines alten Körpers. Er müsste es ihnen beweisen, dass er es noch konnte. Er nahm noch einen letzten Schluck. Dann fasste er Mut, noch ein Ritt, entweder als Beweis oder als Abschied. Abschied…nein, eher würde er seine anmutigen Tiere frei lassen, jemand anderes würde nicht recht für sie Sorgen.
Behäbig, ungelenk und unter wieder aufkommenden Schmerzen kletterte er umständlich auf „Perrinskrones“ Rücken, sein Liebling, er spürte den Atem der dunklen Stute und streichelte sanft ihre Flanke. Sanft gab er ihr das Zeichen sich in Bewegung zu setzen und sie tat es, ihre Bewegungen waren Perfekt, ein krasser Gegensatz zu seinem steifen Körper. Gemeinsam ritten sie auf den Platz. Er gab ihr das Zeichen schneller zu laufen und fühlte sich wieder jung und unbesiegbar. Also trieb er Perrinskrone an, schneller, immer schneller. Die kühle, vorbeiziehende Luft fühlte sich gut an. Schneller, noch Schneller – zu schnell. Sein alter, müder Körper konnte sich nicht halten und er stürzte hinab. Perrinskrone lief noch ein Stück, drehte und kam zu ihm zurück, roch an ihm, er rappelte sich wieder auf, der Schmerz war wieder da, heftiger, sein Atmen war schwer. Enttäuscht, traurig und wütend führte er die Stute wieder zu den anderen und öffnete deren Gatter, eher unbewusst und beiläufig.
Perrinskrone führte er mit zu seinem kleinen, improvisierten Schreibpult, an das er sich setzte, es kam ihm so schwer vor. Die Stute senkte den Kopf, er streichelte ihr Nüstern, während er, Tränen auf den Wangen, einen weiteren Schluck Wein nahm. Die anderen Pferde traten hervor, mit hängenden Köpfen und ihren dunklen Augen. Er spürte ihrer aller Atmen und fühlte sich geborgen. Brendil schloß die Augen, spürte dem Gefühl nach und starb. Es war Brendils letzter Ritt.
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Seinen Nachfolgern und der Rahja-Kirche hinterließ er - trotz mangelnder Schreibbefähigung - allerdings eines der umfassendsten Werke über Pferde und Pferdezucht Groß-Garetiens und darüber hinaus. Dafür wurde er von der Perricumer Kirche selig gesprochen.
◅ | Bericht der Garethischen Criminal-Cammer über den Einbruch in die Villa Ox |
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